Tuscany Trail – Learnings vom weltgrößten Bikepacking Event


Nicole BerthText / Fotos

Genau ein Jahr ist es her, dass ich voller Stolz mein erstes Gravel Bike bekam. Zum ersten Mal verstand ich, wie gut sich ein Riders-High wirklich anfühlt und ich konnte mir mein Leben ohne über kilometerlange Gravel-und Wurzelwege heizend gar nicht mehr vorstellen. Schnell wollte ich meine Touren verlängern, plante kurz darauf meinen ersten Bikepacking Overnighter im Taunus und war endgültig hooked. Ein ambitionierteres Ziel außerhalb von Deutschland musste her; mit dem Zug gut erreichbar. Und da war er, der legendäre Tuscany Trail: eine Rallye mit 470km Länge und 6.900 Höhenmetern, die sich auf unbefestigten Wegen durch die Toskana schlängelt, schien hier der perfekte Fit zu sein. Und mit ca. 5.000 Teilnehmer:innen 2023 darf sich die Gravel Rallye somit auch das weltweit größte Bikepacking Event nennen.

Körperlich und mental eine absolute Grenzerfahrung, aber auch eine steile Lernkurve!

Sonnenuntergang bei Grosseto

Nach einem Jahr Vorfreude liegen nun 6 Tage Tuscany Trail hinter mir. Körperlich und mental eine absolute Grenzerfahrung, aber auch eine steile Lernkurve! Ich habe euch hier meine persönlichen Learnings und 5 Produkte, mit denen ich mein Bikepacking Setup für den Tuscany Trail ge-updated habe, zusammengestellt.

Meine persönlichen Learnings

1Anfahrt

Die Anfahrt kann u. U. tricky sein, vor allem wenn man in Deutschland startet und eine Fahrradreservierung für die Züge nach Italien benötigt. Diese sind bei einem Event, an dem viele Deutsche teilnehmen, schnell ausverkauft. Unter next.bahn.de können über die DB online Tickets mit Rad ins Ausland gebucht werden. Ich empfehle mindestes 6 Monate vorher zu buchen. Den Flixbus kann ich nicht als Ausweichmöglichkeit empfehlen, denn Fahrraddiebstähle an Busbahnhöfen, speziell in Mailand, nehmen immer mehr zu.

2 Start

Der Start für alle Teilnehmenden des Tuscany Trails ist auf zwei Tage aufgeteilt. Ich bin sehr früh an Tag eins gestartet, was bedeutete, dass ich bei der Registrierung recht schnell war, aber auch, dass mich viele ambitionierte Rider überholten, die mich oft verunsicherten. Erst an Tag 3 entzerrten sich die Teilnehmer:innen und dies sorgte so für ein entspannteres Fahren. Ich würde beim nächsten Mal direkt an Tag 2 starten. Hier wird auch die Dichte an entspannten Ridern und auch viel mehr Riderinnen um einiges höher!

3 Route

Die Route des Tuscany Trails ist nicht unbedingt eine Strecke, die man sich als blutige:r Anfänger:in raussuchen sollte. Obwohl die Tour, die wahrscheinlich Schönste ist, die ich je gefahren bin, ist das Terrain teilweise sehr rough. Abfahrten sind recht steil, je nach Wetter sind die Wege extrem matschig. Es gab zudem mehrere Flussüberquerungen, die es bei Starkregen auch in sich haben können. Zugleich verlangen die Menge an Höhen- und Streckenmetern bei wechselnden Wetterkonditionen schon einiges ab! Trotzdem muss man wissen, dass sich jedes Jahr die Strecke etwas ändert und es im darauffolgenden Jahr schon wieder anders sein kann. Ich rate euch bei unsicheren Parts abzukürzen oder auf die Strasse auszuweichen, die oft nicht weit ist.

Bild 1: Schlechtwetterperiode über Siena , Bild 2: Flussüberquerung bei Chianni

4 Wetter

Das Wetter hat mich extrem überrascht! Während meiner 6-tägigen Tour war das Wetter unberechenbar und dem auf einer tropischen Insel ähnlich. Tägliche Gewitterbrüche gefolgt von Temperaturen jenseits der 30 Grad haben mir mal wieder klar gemacht, dass man beim Bikepacken wirklich auf alles gefasst sein muss. Macht nicht den gleichen Fehler und lasst die Regenjacke daheim. Wenn möglich wasserfeste Taschen mitnehmen, mir hat meine wasserfeste Lenkerrolle von Ortlieb sehr gute Dienste geleistet.

5 Unterkünfte

Bei den Übernachtungen habe ich mich für ein Mischung aus Camping und einfachen Übernachtunsgmöglichkeiten in Gasthäusern entschieden. Durch die Masse an Menschen ist es oft sehr schwierig, kurzfristig eine Übernachtung zu finden, die bezahlbar geschweige denn verfügbar ist. Besonders bei schlechtem Wetter weichen alle auf alternative Schlafmöglichkeiten aus. Auch Campingplätze würde ich im Vorfeld reservieren. Wichtig ist, wenn man abseits des Trails bucht, nicht nur die Entfernung zum Trail, sondern vor allem die Höhenmeter zu checken! Mir ist es passiert, dass das AirBnb zwar nur 4km vom Trail entfernt war, aber mit ein paar hundert Höhenmetern Anstieg zur zusätzlichen Anstrengung wurde. Auch Wildcampen ist durchaus möglich und wird allgemein von den Italiener:innen während des Tuscany Trails akzeptiert. Es gibt hier genügend Möglichkeiten entlang des Trails oder auf Sportplätzen, Spielplätzen etc.

6 Versorgung

Die Versorgung am Trail war überraschend gut. Man findet stets kleine Cafes, Lebensmittelläden oder Restaurants, in denen man sich versorgen kann. Ein Kocher ist meiner Meinung nach daher unnötig. Plus – super guten Espresso und Croissants bekommt ihr sogar an der Tankstelle!

7 Equipment

Ich war sehr zufrieden mit meinem Bike-Setup. Wichtig zu wissen ist, dass das Equipment auf dem Tuscany Trail extrem belastet wird. Daher ist zu empfehlen Taschen zu wählen, die robust und wasserfest sind. Man sollte sie eng am Fahrrad befestigen können, so dass nichts klappern oder abrutschen kann. Es gibt nichts störenderes, als ständig anhalten zu müssen, um Equipment nachzujustieren! Außerdem lohnt es sich, in breitere Reifen zu investieren, die mehr Profil haben, um auf den teilweise stark steinigen oder matschigen Tracks ausreichend Grip zu haben.

Für Sicherheit und Akzeptanz – der Tuscany Trail braucht mehr Diversität

Selbst nach 10 Jahren Bestehen ist der Tuscany Trail doch noch sehr männerdominiert, was sicher an der Rennradtradition in Italien liegt. Ich hätte mich mit mehr weiblichen Teilnehmerinnen in jedem Fall wohler gefühlt und musste mir den ein oder anderen Kommentar über mein Outfit oder meine Bikeskills und viele Blicke gefallen lassen. Meiner Meinung nach hat der Tuscany Trail hier noch viel Arbeit zu leisten, um mehr Diversität auf den Trail zu bringen. Ein Awarenessteam und bessere Kommunikation sind meiner Meinung nach auf jeden Fall nötig. Ich persönlich hätte mich auf dem Trail allein nicht zu 100% wohl gefühlt.

Plant ihr einen moderaten Bikepacking Trip – schaut gern bei unserer Bulletproof Packliste vorbei und erfahrt alles über die Essentials, die Nic und Leo auf ihrem ersten gemeinsamen Radtrip dabei hatten.

Seid ihr den Tuscany Trail schon gefahren? Wie war eure Erfahrung? Welche Bikepacking Rallye steht auf eurer Liste?

Über die Autor:in

Nicole Berth

Wenn Nic nicht gerade mit dem Van durch die Welt tingelt, tobt sie sich in der Küche mit gesunden Rezepten für ihren veganen Foodblog aus. Von Berufswegen her ist Nic ein alter Marketinghase und hat sich mit The Female Explorer nun auch beruflich ganz ihrer Reiseleidenschaft gewidmet.

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