7 Backcountry-Touren in den kanadischen Rockies für Einsteiger:innen


Verena SchmidtText / Fotos

Als Reiseleiterin und Autorin nahm ich mir für ein neues Buchprojekt vor, mindestens 55 Touren in den kanadischen Rocky Mountains zu wandern ─ gemeinsam mit meiner damals 13-jährigen Tochter. Wir begannen mit einfachen Tagestouren, die sich mit der Zeit immer weiter ins Hinterland erstreckten, und wagten uns nach einiger Zeit auch an Backcountry-Touren durch die Rockies.

Anfangs unternahmen wir kurze Touren in Nähe ausgebauter Infrastruktur ─ die Gewissheit, schnell wieder in der Zivilisation sein oder Hilfe holen zu können, bot uns seelische Sicherheit. Immerhin streunen in dieser Gegend auch Wölfe, Pumas, Schwarzbären und Grizzlys umher! Je öfter wir draußen im Zelt schliefen, umso mehr gewöhnten wir uns aber an die Abgeschiedenheit und verliebten uns in den sanften Rhythmus längerer Mehrtagestouren ─ Wandern, Essen, Schlafen.

Verena und ihre Tochter im kanadischen Gipfelglück

1Aylmer Lookout

Banff-Nationalpark

Für den Einstieg bei Sommerbeginn ist der Seeweg entlang des Lake Minnewanka empfehlenswert, direkt vor der Haustür des quirligen Städtchens Banff. Eigentlich eine Tagestour zum Aylmer Lookout mit fantastischem Blick auf den See, kann man hier die erste Backcountry-Übernachtung testen. Nur etwa zwei Stunden vom Trailhead entfernt liegt der ruhige Zeltplatz im Espenhain direkt am See. Sobald die Beerensaison beginnt, sollte man sich aber andere Ziele suchen, da die unzähligen Beerenbüsche energiedurstige Bären anziehen und dann der Platz gesperrt wird.

2Bertha Lake

Waterton-Lakes-Nationalpark

Wer im Süden an der Grenze zu den USA unterwegs ist, sollte auf gar keinen Fall den schnuckeligen und vielfältigen Waterton-Lakes-Nationalpark verpassen. Direkt zwischen felsigem Hochgebirge und der schier endlosen Prärie gelegen, ergeben sich hier zahlreiche Wandertouren mit jeweils völlig anderem Charakter. Pinkfarbenes Gestein, felsige Abbruchkanten, Blumenparadiese und türkisblaue Seen prägen den Park. Unweit des kleinen Städtchens Waterton Park führt direkt vom großen Zeltplatz eine Halbtagestour hinauf zum Bertha Lake. Am Rande einer Kesselsteilwand gelegen, schmiegt sich der See an die Bergflanken. In der Nähe des Karr-Randes befindet sich ein kleiner Backcountry-Zeltplatz, der binnen zwei Stunden zu erreichen ist. Perfekt für eine erste Hinterlandsübernachtung!

Pinkfarbenes Gestein, felsige Abbruchkanten, Blumenparadiese und türkisblaue Seen…

3Eva Lake

Mount-Revelstoke-Nationalpark

Auf dem Weg zwischen Calgary und Vancouver erwartet das historische Eisenbahnstädtchen Revelstoke seine Gäste. Direkt am großen Fluss des Westens gelegen, dem Columbia River, bietet der Wintersportort eine willkommene Pause auf der langen Reise und im Sommer die optimale Möglichkeit, eine Nacht mitten in den rauen Bergen zu verbringen. Die Selkirk Range wurde wegen seiner massiven Schneelawinen früher von Eisenbahnern gefürchteten. Von der Stadt fährt man zum Parkplatz Balsam Lake hinauf und wandert über subalpine Wiesen, durch ein Lupinenmeer, an einem kleinen Wasserfall vorbei und über einen Geröllhang mit guten Aussichten zum idyllischen Eva Lake. Den Trubel der Stadt und die Anstrengungen der weiten Reise lässt man so ganz gelassen hinter sich.

4Kinney Lake

Mount Robson Province Park

Führt die Route von Nordwesten über Kamloops und Clearwater in die kanadischen Rockies, fährt man unweigerlich am Monarchen vorbei: Der 3.954 Meter hohe Mount Robson ist der höchste Berg der kanadischen Rocky Mountains und trägt meist seine ganz persönliche Wolkenkrone. Und genau hier führt eine Mehrtagestour hoch hinauf zum Berg Lake (drei Tage gesamt) und sogar noch weiter über den North Boundary Trail (ca. acht Tage). Für den Anfang eignet sich hervorragend der Zeltplatz auf der nördlichen Seite des Kinney Lake. Viele Tagesspaziergänger:innen gehen meist nur zum Südende. So schnuppert man die Luft des Fernwanderns im Hinterland und kommt ins Gespräch mit vielen Backpacker:innen. Es gibt ein Visitor Center am Fuße des Berges, dessen Team im Notfall helfen kann. Die nächste Stadt Jasper liegt ca. 85 Kilometer östlich.

5Saturday Night Lake Loop

Jasper-Nationalpark

Der gesamte Trail ist etwa 27 km lang, also in einem langen Tag in ca. neun Stunden machbar. Doch daraus ergibt sich die Chance, die erste Backcountry-Wanderung zu unternehmen, direkt vor den Toren der Stadt Jasper. Die Route führt nicht prompt steil hinauf, sondern gleicht eher einer sanften Achterbahn im Wald, die sich langsam und in stetigem Auf und Ab nach oben schraubt. Die Wald- und Seenlandschaft im Tal des Athabasca-River ist zugleich Heimat von Schwarzbeeren und Mücken, mit denen man sich zu bestimmten Jahreszeiten die Szenerie nahe der Zivilisation teilt.

Einziges Risiko: Sehnsucht nach mehr. Nach mehr Backcountry-Touren, nach mehr Wildnis, nach mehr Draußensein.

6Floe Lake

Kootenay-Nationalpark

Umwerfend schön ist die Lage des Zeltplatzes am Floe Lake. Auf halber Strecke zwischen Lake Louise und Radium Hot Springs verläuft die mehrtägige Tour der Rockwall. Zum Start empfiehlt sich die knapp vierstündige Wanderung zur Seen-Perle unterhalb des Floe Peak, auf der man am Berghang entlang durch verbrannten Wald wandert – mit guter Aussicht. Wer noch Energiereserven übrig hat, sollte unbedingt die 300 Höhenmeter für einen Blick vom Numa-Pass hinab auf den See in Kauf nehmen.


7Emerald Lake Triangle

Yoho-Nationalpark

Etwa 30 Kilometer westlich von Lake Louise liegt tief ins Gebirge eingebettet der Touristenmagnet Emerald Lake. Den Scharen entkommt man schnell, mit gepacktem Rucksack geht’s gute 2,5 Stunden hinauf zum Yoho-Pass. Wenige Hundert Meter später schmiegt sich ein lauschiger Backcountry-Campingplatz an den kleinen Yoho Lake, mit Blick auf den Wapta Mountain. Am nächsten Tag wandert man direkt auf der anderen Seite am Hang dieses Berges entlang, unterhalb der sensationellen Fundstätte der Burgess Shale. In den Schiefertonen fand man äußerst selten vorkommende Fossilien tierischer, schalenloser Organismen aus dem Kambrium, die die Wissenschaft in Aufruhr brachten. Highlights dieser Tour sind die grandiosen Ausblicke auf den See mit den umliegenden, teilweise schneebezuckerten Bergketten. Am Fuße des Sees laden ein Souvenirhäuschen, Restaurants und ein Hotel zum Verweilen ein ─ just in case.

Ausstattung und Reservierung der Zeltplätze für Backcountry-Touren

Die Zeltplätze müssen vorab bei der jeweiligen Nationalparkverwaltung Parks Canada oder Provinzparkbehörde (BC Parks für Kinney Lake) gegen Gebühr reserviert werden. Sie sind rustikal ausgestattet und gliedern sich in drei, jeweils hundert Meter voneinander entfernte Bereiche:

  1. markierte Stellen zum Zeltaufstellen,
  2. rudimentäre Holzbänke, die in jedem Fall für Mahlzeiten genutzt werden sollten, und Aufbewahrungseinrichtungen für alles, was sicher vor Bären verstaut werden muss (Nahrung, Seife, Zahnpasta etc.)
  3. ein oder mehrere Plumpsklos.

Dir sind weitere einfache Touren in den kanadischen Rockys bekannt? Ergänze Verenas Liste in den Kommentaren!

Du willst wissen, welches Equipment du für Mehrtagestouren mitnehmen solltest? Dann stöbere durch Sarahs Packliste für den Pacific Crest Trail!

Über die Autor:in

Verena Schmidt

Verena ist freiberufliche Autorin und Speakerin. Sie berät zum Thema Backcountry-Touren, Fernwandern und Umsetzung eigener Abenteuerreisen. Ihre Wanderführer Kanadische Rocky Mountains und Malerweg über Fernwanderwege der Sächsischen Schweiz sind bereits im Bergverlag Rother erschienen.

Wilder
Warenkorb
Shopping cart0
Es sind keine Produkte in deinem Warenkorb!
0
nach oben