
Hike your dogs hike – Guide für Mehrtagestouren mit Hund
Viele Jahre war ich als Soloreisende und Thru-Hikerin unterwegs und bin bspw. den amerikanischen Pacific Crest Trail gewandert. Auch als Dog-Mom ist meine Wanderleidenschaft geblieben, in tierischer Begleitung gab es aber vieles neu zu lernen! Mit meiner 3-jährigen Australian Cattle Dog Hündin Sierra wanderte ich 2022 erfolgreich die Tour du Mont Blanc (TMB) und kann nun als Profi im Thema Paw Travel einige hilfreiche Tipps rund ums Thema Mehrtagestouren mit Hund teilen!
Guide für
Mehrtagestouren
Wandern mit Hund
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Kennt euren Hund und seine Grenzen
Berge erklimmen, im Zelt schlafen, stundenlange Wanderungen, lange Fahrten mit dem Zug durch Europa oder Sightseeing-Touren im Sommer. Wer mit seinem Hund reisen möchte, sollte sich zunächst mit den Bedürfnissen des vierbeinigen Freundes auseinandersetzen und sich fragen: Kann mein Hund das leisten? Wie sind die Rasseneigenschaften? Welche Unsicherheiten hat mein Hund? Wie geht mein Hund mit unbekannten Situationen um? Wie ist das Fitnesslevel?
Durch individuelles Training können wir unserem Vierbeiner viel beibringen, aber mit einer Couchpotato einen Berg zu erklimmen, mit einem Angsthund bei Gewitter in der Natur zu sein oder mit einem reaktiven Hund in engen Zugabteilungen zu sitzen, bedeutet oftmals zu viel Stress ─ für Hund und Halter:in.
Kennt die Bedürfnisse, (Rasse-)Eigenschaften und Fitness-Level von eurem Hund.
Wichtig: Hike your dogs hike – legt euren eigenen Ehrgeiz ab und bleibt flexibel.
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Pausen, Hitze und zu viele Reize
Mehrtagestouren mit Hund bedeuten, den eigenen Ehrgeiz abzulegen und spontan und flexibel umplanen zu können. Hunde sind loyal und werden uns so lange folgen, bis sie umfallen. Sierra hat gelernt, sich einfach an der Seite des Weges abzulegen, wenn sie eine Pause benötigt ─ aber das macht nicht jeder Hund. Regelmäßige Pausen sind daher der Schlüssel zu gemeinsamen Erfolgserlebnissen!
Habt unbedingt ein Gespür für Temperaturen ─ was für uns noch angenehm warm ist, kann für euren Hund schon Hitzeschlag bedeuten. Lasst euren Hund außerdem nie in einem geschlossenen Zelt im Sommer allein, darin staut sich die Hitze extrem! Seit euch außerdem bewusst, dass Außenreize genauso anstrengend sind, wie die körperliche Anstrengung. Stadtbesuche, täglich neue Eindrücke und Gerüche können das Stresslevel einiger Hunde anheben. Damit Sierra sich erholen und alle bisherigen Reize gut verarbeiten kann, lege ich unterwegs individuell nach 3–6 Tagen einen Ruhetag ein.
Regelmäßige Pausen und ein Gefühl für Temperaturen sind ein Muss
Habt ein Handtuch oder eine Schlafmatte dabei, um Schatten zu spenden.
Außenreize sind genauso anstrengend wie das tägliche Laufen.
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Training und Gewöhnung
Hunde brauchen die Chance, sich auf ihr neues Leben vorzubereiten, um dieses souverän meistern und Freude daran entwickeln zu können. Dazu zählen Zug-, Bus- und Bahnsteig-Übungen sowie Ruhe- und Warteübungen, damit ihr ohne Bedenken auch mal in einen Supermarkt oder aufs Klo könnt. Für Mehrtagestouren wichtig: Die Gewöhnung an das Zelt zuerst in der Wohnung und schließlich in der Natur. Je öfter wir sie solchen Situationen aussetzen, desto eher sehen wir, ob unser Hund für unsere Reiseidee gemacht ist oder nicht. Auch müssen Hunde genau wie wir ihre Kondition aufbauen: kleine Spaziergänge können Pfote für Pfote und mit genügend Zeit auf bis zu 30 km erweitert werden.
Von kleinen Spaziergängen zu langen Wanderungen – Stärkt die Ausdauer mit der Zeit!
Gewöhnt euren Hund an Dinge wie Zelt, Gewitter, fremde Tiere, Brücken, Bus- und Bahnfahrten, das ruhige Warten am Rucksack etc.
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Routenplanung
Unterkünfte mit Hund zu finden kann sich oft als schwierig herausstellen. Es ist wichtig, diese Punkte bei der Planung zu berücksichtigen und sich vorher bei Campingplätzen oder Ranger Stationen Informationen einzuholen, ob Hunde erlaubt sind oder die Reise entsprechend angepasst werden muss. Viele Wanderstrecken gehen außerdem durch Naturschutzgebiete, in denen keine Hunde erlaubt sind oder in denen absolute Leinenpflicht herrscht. Das Schlafen in Hotels, auf Campingplätzen oder auf freien Biwak Plätzen muss auch geübt sein: Je rücksichtsvoller und entspannter wir sind, desto öfter können wir unsere Hunde an unseren Abenteuern teilnehmen lassen.
Informiert euch vorher über Hundeverbote in Nationalparks, Leinenpflicht, Tiere auf dem Trail und ob Unterkünfte hundefreundlich sind. Je mehr ihr recherchiert und plant, desto entspannter wird eure Wanderung.
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Raupe Nimmersatt
Die Ernährung ist häufig das komplexeste Thema einer Reise und extrem individuell, da jeder Hund und jedes Futter unterschiedlich sind. Hier ist ein Auge auf das Verhalten, die Gewohnheiten, die Belastung und Gesundheit des Hundes zu werfen und eine Beratung vom Tierarzt einzuholen. In unserem Fall steige ich zeitnah zur Reise auf qualitativ hochwertiges Trockenfutter um und füge dann je nach Ort frische Zutaten hinzu. Je anstrengender und weiter die Tagesetappe, umso größer ist durch die verbrauchte Energie der Appetit. Sierras Futtermenge steigt bei einer Wanderung um ca. 50–100 g je nach Tag und Leistung. Die Anpassung wird spontan entschieden, da ich immer drei Tage Extrafutter als Notfallration dabei habe.
Bei der Wahl des Futters kann ein:e Ernährungsberater:in helfen: egal ob Trockenbarf, zusätzliche Kohlenhydrate, Nassfutter oder Trockenfutter ─ wichtig ist, dass euer Hund genügend Nährstoffe und Energie bekommt. Für einen extra Proteinschub sorgt ein Stückchen Huhn oder eine Dose Thunfisch. Trockenfutter hat das geringste Gewicht, benötigt aber ausreichend Wasser zum Aufquellen. Zugang zu sauberem Wasser ist daher vor allem bei hohen Temperaturen enorm wichtig!
Plant außerdem Zeit für die Fütterung ein und wandert danach nicht sofort los ─ um Unwohlsein zu vermeiden, solltet ihr 30-45 Minuten warten. Mein Tipp: Füttert den Hund, bevor ihr frühstückt und das Zelt abbaut.
Wichtig: Nicht aus Pfützen trinken lassen! Giardien sind einer der häufigsten Auslöser von Störungen des Magen-Darm-Traktes bei Hunden, ausgelöst durch mikroskopisch kleine Parasiten, welche Durchfall, weniger Appetit und Lustlosigkeit hervorrufen können. Eine Übertragung kann durch z. B. verunreinigtes Wasser und Kot stattfinden. Daher ist es auch für Hunde wichtig, nur aus fließenden und sauberen Gewässern zu trinken oder das Wasser zu filtern.
Habt genug Wasser bei euch, vor allem im Sommer und bei der Fütterung mit Trockenfutter.
Die Ernährung muss individuell auf den Hund zugeschnitten sein, zur Not durch eine:n Ernährungsberater:in.
Je höher die Anstrengung und länger die Tagesetappe, desto höher die verbrauchte Energie und der Appetit.
Egal ob Nass- oder Trockenfutter – wichtig ist, dass euer Hund genügend Nährstoffe und Energie bekommt.
Füttert euren Hund ca. 30 min vor dem Loslaufen, um Unwohlsein zu vermeiden.
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Doggybag
Wenn euer Hund seinen eigenen Rucksack tragen soll, dann sollte dieser nur 10–20 % des eigenen Körpergewichtes wiegen. Die Eingewöhnung über einen längeren Zeitraum ist sehr wichtig! Es gibt viele verschiedene Rucksäcke, lasst euch hierzu gerne von einem Profi beraten. Sierra hat durch die vielen Höhenmeter nur ihr eigenes Wasser und ein paar Kekse getragen. An sehr heißen Tagen trug ich ihren Rucksack, um sie zu entlasten.
Ein Hunderucksack sollte nur 10–20% des eigenen Körpergewichtes wiegen.
Die Eingewöhnung über einen längeren Zeitraum ist sehr wichtig
Holt euch eine Beratung, damit euer Hund in der Bewegung nicht allzu eingegrenzt ist.
Tragt den Rucksack selbst, wenn euer Hund müde wird.
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Herausforderungen bei Mehrtagestouren mit Hund
1. Läufigkeit
Genau wie wir bekommen auch (unkastrierte) Hündinnen ihre Tage. Hier muss man nicht nur vereinzelte Blutflecken in Kauf nehmen, sondern auch, dass der Hund hormonbedingt einfach mal keine Lust hat oder sensitiver auf Reize reagiert.
2. Fellwechsel
Fellflusen sind schon in der Wohnung nervig, aber im Zelt fliegen sie statisch aufgeladen wirklich in jede Ritze und sitzen an jedem Stückchen Stoff.
3. Löcher
Erfahrungsgemäß lässt sich das ein oder andere Loch in der Zeltwand nicht vermeiden und benötigt die Mitnahme von Ausbesserungstape.
4. Dauerregen
Das Aufstellen eines Zeltes bei Regen ist so schon keine Freude ─ und trockene Innenwände zu behalten, eine echte Herausforderung. Doch nachdem der nasse Rucksack verstaut, die trockenen Sachen angezogen und der Schlafsack ausgerollt wurde, muss nun auch noch ein nasser und meist dreckiger Hund herein. Hier hilft ein Handtuch oder T-Shirt zum groben Abtrocknen, feucht bleibt es aber trotzdem ─ Achtung, bei Minusgraden kann ein nasser Schlafsack extrem gefährlich sein! Der Mief, den ein nasser Hund und das Trocken-Rubbel-Handtuch verursachen, lässt sich leider nicht vermeiden.
Sierras PackListe
- Geschirr & Rucksack
- Multifunktionsleine & Halsband
- Hundeschuhe
- Napf
- Regenjacke mit Fleece
- Outdoordecke
- Spielzeug
- Erste Hilfe Set
- Impfpass
Kommandos für mehrtagestouren mit eurem hund
Ein unsichtbares Band – Durch Mehrtagestouren mehr Vertrauen zum Hund
Mehrtagestouren mit Hund ermöglichen eine sehr intensive Verbindung mit eurem Vierbeiner und sorgen außerdem für extra Sicherheit. Ich habe vieles gelernt, aber vor allem habe ich ein noch besseres Gefühl für Sierras Wohlbefinden entwickelt. Unsere Verbindung und Vertrauen auf Reisen sind wie ein unsichtbares Band.
»Wenn sich Sierra, meine Wandergefährtin, am Ende eines langen Tages zu mir in den Schlafsack kuschelt und mich glücklich anstupst, bevor sie die Augen schließt ─ das sind Momente, die ich niemals vergessen werde und für die ich unendlich dankbar bin.«
Wenn ihr noch mehr hilfreiche Tipps, Camping Spots und Routen für das Wandern mit Hund sucht, lest auch Danny´s Reisebericht Tour du Mont Blanc mit Hund. In der Infobox unten findet ihr außerdem noch hilfreiche Apps und Webseiten für Mehrtagestouren mit Hund.
Offline App Navigation: Maps.me
Giftköder Alarm App: Dogorama
Roadsurfer Campspots und Wildcampen Guide
Verhaltensberaterin und Trainerin für impulsive, ängstliche oder extrem sensible Hunde:
Feingeister und Dickköpfe Hundetraining
Beiträge zu Erste-Hilfe und Physiotherapie: Hundetöpferei
Welche Herausforderungen habt ihr bei eurer Mehrtagestour mit eurem Hund gemacht? Teilt eure Erfahrungen mit der Community und schreibt eure Tipps rund ums Thema Wandern mit Hund in die Kommentare!