Community Story

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Von 0 auf 277 Kilometer in vier Tagen – meine erste Bikepacking-Reise


Maike WittreckText/Fotos

Nicht der Gedanke „Das sieht nach einer abenteuerlichen Art zu reisen aus“ brachte mich zum Bikepacking. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich zuerst Hals über Kopf in mein Focus Atlas Gravelbike verliebt hatte und mir dann die Idee kam, dass ich ja jetzt auch mit dem Fahrrad die Welt erkunden kann. In diesem Artikel teile ich meine erste Bikepacking-Tour Erfahrung – von der Planung über die Ausrüstung bis hin zu den kleinen Learnings unterwegs.

Auch wenn ich mir durchaus vorstellen kann, allein loszuziehen, wollte ich für meine allererste Tour unbedingt jemand Erfahrenes an meiner Seite haben – wegen der Sicherheit. Carina, eine meiner ältesten Freundinnen, ist meine persönliche Radreisen-Expertin: sie hat schon Touren über die Alpen und durch Afrika hinter sich, navigiert wie ein Profi und weiß, wie man einen Reifen wechselt. Zum Glück brauchten wir dieses Know-how auf unserer gemeinsamen Tour nicht, aber ich hab direkt eine Notiz an mich selbst verfasst: Maike, du musst lernen, wie man einen Reifen wechselt.

Routenplanung
277 km Schlösser, Seen und weite Landschaften

Als Bikepacking-Neuling durfte ich die Route aussuchen. Wir hatten insgesamt vier Tage lang Zeit und meine einzige Anforderung war, dass wir es mit den Höhenmetern nicht gleich übertreiben und mit leichtem Gepäck unterwegs sind. Die Wahl fiel dann schnell auf das Münsterland in Nordrhein-Westfalen – eine Gegend, die ich mit ihren weiten Landschaften, Mooren, Seen und Schlössern, schon vor einigen Jahren sehr in mein Herz geschlossen hatte.

Vorbei am Schloss Nordkirchen.

Ich suchte mir meine Lieblingsorte heraus, die ich Carina unbedingt zeigen wollte und plante mit komoot eine Route, die uns 277 Kilometer von Münster bis an die niederländische Grenze und wieder zurück führte. Dabei achtete ich darauf, dass unsere Etappen nicht zu lang wurden. Und auch wenn wir am zweiten Tag dann doch einmal 112 Kilometer zurücklegen mussten, fühlte es sich dank vieler Pausen gar nicht so lang an – was wohl vor allem den flachen Streckenabschnitten und dem leichten Gepäck zu verdanken war.

Während der Planung überlegte ich auch gleich, wo wir abends ankommen und übernachten würden. Da ich unsere Tour fotografisch dokumentieren wollte, schaute ich zuerst, wo ich zum Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sein wollte und wählte danach unsere Schlafplätze aus. In der ersten Nacht kamen wir über die App Warm Showers bei einem Bikepacking-Freund unter. Das funktioniert wie Couchsurfing, nur speziell für Radreisende. Da kann man sich immer drauf verlassen, dass es einen sicheren Stellplatz für Rad und Gepäck gibt, man gemütlich unterkommt und, der Name verrät es, eine warme Dusche auf einen wartet. Einmal wollten wir auch unbedingt zelten und fanden für unsere zweite Nacht einen tollen Campingplatz direkt an der Grenze zu Holland und die letzte Nacht verbrachten wir in einem super gemütlichen, ausgebauten Bauwagen auf einem ehemaligen Bauernhof.

Bikepacking-Setup
Fahrrad, Ausrüstung & jede Menge Snacks

Zuerst einmal muss natürlich ein Fahrrad her. Ob das nun ein Gravelbike ist, wie mein Focus Atlas oder ein Tourenbike, wie Carinas Rad, ist da frei nach Gusto wählbar. Ich persönlich bin Team Gravelbike, weil sie leichter sind und ich damit flinker unterwegs sein kann. Aber die Hauptsache ist, dass man gemütlich im Sattel sitzt und Taschen anbringen kann, die all’ das verstauen, was man für vier Tage so braucht. Das Anbringen der Ausrüstung war super einfach und im Handumdrehen wurde aus meinem Rad ein Packesel, der dann auch direkt beladen wurde.

Maikes Bikepacking-Setup.

Wir hatten Glück und uns standen sehr sonnige, trockene Tage bevor, sodass wir weder lange Radkleidung noch Regensachen oder viele Ersatzklamotten mitnehmen mussten. Ebenso reichten Sommerschlafsäcke und dünne Luftmatratzen, die mit wenig Platz auskommen und nicht viel Gewicht auf die Waage bringen. So füllte sich der Großteil unserer Radtaschen dann schnell mit den wichtigsten (und auch schwersten) Bikepacking-Essentials: Snacks! Und falls ihr direkt meine persönlichen Snack-Empfehlungen haben wollt: Katjes Alpakas und Ültje Studentenfutter! Ein paar weitere Fahrrad-Essentials fanden ebenfalls noch Platz in den Taschen, wie Lichter für’s Fahrrad, eine Powerbank, Stirnlampe, Sonnencreme und klar, eine schnelle Brille!

Unterwegs auf zwei Rädern
Tempo rausnehmen, Abenteuer genießen

Als ich mich dann am Morgen unseres Tourenstarts das erste Mal auf mein vollgeladenes Fahrrad setze, war das erstmal gewöhnungsbedürftig. Das ganze zusätzliche Gewicht merkt man schon und besonders das Lenken ist mit so einer vollen Lenkertasche etwas behäbiger. Aber ich stellte schnell fest, dass ich nicht einfach so umfallen werde und dass ich immer noch geschmeidig durch Kurven fahren kann. Es hat nicht lang gedauert, da hat es sich angefühlt, als hätte ich nie etwas anderes gemacht – was man aber auch den Taschen zugute halten muss, denn die saßen super fest, haben nicht gewackelt oder mich ins Schwanken gebracht.

Als notorische Schnellfahrerin musste ich mich auch dran gewöhnen, dass meine Pace nun eine andere war. Aber beim Bikepacking geht es ja nicht darum, möglichst schnell ans Ziel zu kommen, sondern darum, den Weg zu genießen – die Landschaft wahrzunehmen, zwischendurch Pausen einzulegen, vielleicht in einen kalten See zu springen oder einfach irgendwo einen Kaffee zu trinken.

Dülmener Wildpferde

Es geht mehr ums Unterwegssein, ums Entdecken und um das kleine Abenteuer! Aber auch das habe ich dann schnell verinnerlicht. Bikepacking ist gemütlich, stressfrei, Urlaub halt. Da ist gar kein Platz für Sprints. Wofür aber Platz ist, ist ordentlich Kilometer zu reißen und wenn Strava dir am Ende eines Tages dann sagt „Das war deine längste Tour bisher“, dann freut man sich schon arg. Wenn schon nicht am schnellsten, dann wenigstens die meisten Kilometer (so ganz geht der Wettbewerbsgedanke dann doch nicht aus dem Kopf raus…)! Der 112-Kilometer-Tag war dann aber doch eine Ansage und besonders die letzte Stunde zog sich eine kleine Ewigkeit. „Lass uns einfach sechs Mal All Too Well hören, Carina. Dann geht das ganz schnell rum!“, war meine Idee, um die Zeit rumzukriegen, aber nach dem zweiten All Too Well, war Carina schon nicht mehr ganz so überzeugt von meinem Vorschlag. Und so strampelten wir ohne Taylor unermüdlich weiter, teilweise versunken in unseren eigenen Gedanken. Und auch das war dann irgendwie gut und schön.

Beim Bikepacking hat man so viel Gelegenheit über Dinge nachzudenken – wenn man das will. Denn ich konnte auch ganz hervorragend abschalten und verarbeitete nur die Dinge, die genau in dem Moment passierten. Ganz weit weg vom Alltag und der Arbeit.

Meine wichtigsten Learnings

6 Tipps für
eure erste Bikepacking-Tour

  1. Ausreichend Stauraum
    Wäre ich länger unterwegs gewesen oder hätte zusätzlich noch ein Zelt mitnehmen müssen (das hatte dieses Mal Carina in ihren Satteltaschen), hätte ich auf jeden Fall mehr Taschen gebraucht. Mein Fahrrad hat praktischerweise noch Anbringungspunkte vorn an der Gabel – perfekt, um bei Bedarf Drybags zu montieren, die dann Zelt und Schlafsack beherbergen könnten. Für diese Tour hat aber alles gepasst: die Oberrohrtasche war erstaunlich geräumig, die Satteltasche wippte nicht von links nach rechts, und die Snacktasche am Lenker wurde schnell mein bester Freund und Helfer!
  2. Kamera fixieren
    Ich hatte nur meinen normalen Kameragurt dabei und fand es ziemlich umständlich, dass die Kamera beim Fahren ständig nach vorn rutschte. Beim nächsten Mal würde ich einen Gurt nehmen, der die Kamera mit einem zusätzlichen Band am Rücken fixiert – so bleibt sie sicher an ihrem Platz und die Hände sind frei.
  3. Abwägen: Klickies oder nicht
    Auf den Bilder habt ihr’s vielleicht schon gesehen, aber ich war mit normalen Schuhen unterwegs. Eigentlich fahre ich mein Gravelbike mit Klickschuhen und auch wenn ich damit picobello klarkomme (was nicht heiß, dass es mich nicht auch schonmal hingerafft hat, weil das Ausklicken nicht ganz so rund gelaufen ist), war es mir für die erste Reise mit viel Gewicht am Fahrrad dann doch wichtiger, schnell und zuverlässig von den Pedalen absteigen zu können. Für diese Tour war das auf jeden Fall die richtige Entscheidung, aber jetzt wo ich weiß, wie mein Fahrrad sich mit gepackten Taschen verhält, kann ich mir durchaus vorstellen, bei der nächsten Tour die Klickschuhe einzusetzen – besonders, wenn dann auch Höhenmeter im Spiel sein sollten.
  4. Wasservorrat auf Reserve
    Am zweiten Tag wurde mir bewusst, dass eine zweite Wasserflasche Sinn macht. Wir konnten zwar regelmäßig unser Wasser auffüllen, aber sobald man länger unterwegs ist und man ein paar Stunden an keinem Supermarkt oder Café vorbeikommt, ist man sicher froh über die Reserve.
  5. Rahmenschutzfolie nutzen
    Wenn man sein Fahrrad so liebt wie ich, dann möchte man, dass es noch lange so wunderschön aussieht. Und so Fahrradtaschen greifen den Lack dann doch ein klein wenig an. Bei einem Klickverschluss hatte ich den Rahmen vorsorglich mit Klebeband geschützt, doch bei den Klettverschlüssen dachte ich mir „Die sind ja weich, da passiert nichts.“ Jetzt hab ich ein paar kleine, dunkle Abnutzungen im Lack – was okay ist, so ein Fahrrad erlebt ja auch was mit dir. Aber da würde ich nächstes Mal mit Rahmenschutzfolie nachhelfen.
  6. Erste Hilfe Kit & Bike Basics lernen
    Ich hatte es Anfangs ja schon erwähnt: auch wenn bei uns alles gut ging, ist es so wichtig ein paar Fahrradtechnikbasics zu beherrschen á la: wie wechsle ich meinen Reifen oder wie flicke ich einen Schlauch. Und ein Erste Hilfe-Kit (für Bike und Mensch) sollte immer griffbereit verstaut sein, damit man auf alles vorbereitet ist.

Erste Bikepacking-Tour Erfahrung
Minimalismus meets Abenteuerlust

Ich mag den Minimalismus, den Bikepacking mit sich bringt: so zu packen, dass man nur das mitnimmt, was man wirklich braucht, was ich nur allzu gut aus meiner Backpacking-Ära kenne. Aber wie bei Rucksackreisen gilt auch hier: jedes Kilogramm zählt! Ich sehe es auch eher als spannende Herausforderung an, so leicht wie möglich zu packen und mit so wenig wie möglich klarzukommen. Jetzt bin ich einfach gespannt, wohin mich mein Bikepacking-Dasein noch führen wird. Diese kleine Tour durch’s Münsterland war mit Sicherheit nur der Anfang. Mir schweben schon mindestens drei andere Orte im Kopf herum, die ich zusammen mit meinem Gravelbike erkunden möchte…

Wenn ihr euch jetzt direkt auf den Sattel schwingen wollt, schaut gern auf unsere Bulletproof Bikepacking Packliste, um alles Wichtige dabei zu haben!

Wie waren eure ersten Bikepacking Erfahrungen? Wo seid ihr lang getourt und welche Tipps könnt ihr weitergeben? Schreibt es uns in die Kommentare!

Über die Autor:in

Maike Wittreck

Maike ist selbständige Fotografin aus Bielefeld. Wenn sie nicht gerade irgendwo zwischen Berg, Wald und Meer ihre Kamera zückt, reist sie vermutlich mit dem selbst ausgebautem Van durch’s Land, ist mit dem Rad unterwegs oder mit ihrem Hund auf einem Wanderweg zu finden. Ansonsten hat Neuseeland ihr Herz gestohlen, Taylor Swift läuft in Dauerschleife und Tiere liebt sie sowieso alle.

Wilder
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