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Skitrip Türkei – Unberührte Powderhänge im Kaçkar-Gebirge
Die Türkei lockt mit lebhaften Städten und mediterranen Stränden. Unsere Reise ging jedoch nicht ans Meer, sondern hinein in die beeindruckende Bergwelt des Kaçkar-Gebirges. Die über 4.000 m hohen Gipfel bieten perfekte Bedingungen für Abenteuer fernab des Trubels und lassen jedes Skifahrer:innenherz höher schlagen. Auf der Suche nach unberührten Powderhängen bin ich mit Freunden losgezogen und nehme euch mit auf meinen Skitrip in die Türkei – auf eine Abenteuerreise in abgelegene Täler mit feinstem Powder, einer ostanatolischen Kultur und alltäglichen Muezzin-Rufen.
Vom Flughafen Erzurum zum Gipfel Der erste Schritt ist immer der Schwerste
Vom Flughafen in Erzurum startet unser Abenteuer. Meine Aufregung und das abenteuerliche Gefühl fingen jedoch schon vor der Ankunft in der ostanatolischen Hauptstadt an. Genau in jenem Moment, als ich mich spontan als einzige Frau für einen Skitrip mit einer ansonsten reinen Männergruppe entschied. Gedanken wie Bin ich bei den Abfahrten schnell genug? und Kann ich da mithalten? überkamen mich. Aber mal ehrlich, ich fahre schon mein ganzes Leben Ski und darüber hinaus bin ich in vielen Outdoor Sportarten aktiv. Mit den Bergen vor der Haustür bin ich oft in der Natur unterwegs und liebe die Abwechslung bei meinen Outdoor Abenteuern: Im Winter beim Skifahren, Freeriden oder Skitouring; im Sommer mit dem Mountain- oder Gravelbike, beim Wandern oder Hike & Fly.
»Es war an der Zeit, meinen Bedenken vor der Reise loszulassen, in meine Fähigkeiten zu vertrauen und meinen Mut zusammenzunehmen für ein Skiabenteuer, das ich so schnell nicht mehr vergessen würde. Mein Abenteuerherz schlug laut und übertönte die vorherigen Selbstzweifel.«
Schotter, Schnee und Serpentinen Kurvenreiche 203 km nach Yaylalar
Von Erzurum brechen wir gemeinsam insGebirge auf. Nachdem wir Yusufeli, den letzten größeren Ort, passieren, begegnen uns unterwegs nur hin und wieder kleinere Dörfer oder ein paar Häuser am Straßenrand. Der Fahrbelag wechselt von Teer zu Schotter. Die Fahrt wird immer unruhiger. An Schlaf ist trotz der späten Uhrzeit kaum zu denken – die Schlaglöcher sind einfach zu tief, die Kurven zu eng. Und der Schnee wird auch mit jeder Stunde mehr. Kurz darauf finden wir uns eng aneinander gedrängt in einem Jeep wieder, der uns durch das auf 1.950 m gelegene Yaylalar hindurch und weiter zu unserer Unterkunft, der Kaçkar Pansiyon, in Olgunlar bringt. Obwohl es von Erzurum nur 203 km waren, brauchen wir für diese abenteuerliche Fahrt ungefähr sechs Stunden. Erschöpft, aber glücklich über die Ankunft fallen wir in der urigen Berghütte direkt in unsere knarzenden Betten.
Bauchkribbeln und Vorfreude Ein erster Geschmack von meinem Skitrip Türkei
Am nächsten Morgen hallen die Muezzin-Rufe durch die Lautsprecher des Bergdorfes. Sanft werden wir aus dem Schlaf geholt – die kurze Nacht ist vorüber. Als mir bewusst wird, dass die Anreise kein Traum war, bin ich schlagartig wach. Mein Bauch kribbelt voller Aufregung und Vorfreude auf die bevorstehenden Skitage. Zunächst versorgen wir uns aber in unserer gemütlichen Holzhütte mit einem türkischen Frühstück. Der salzige Käse ist für mich zu dieser Uhrzeit recht gewöhnungsbedürftig, aber der süße Aufstrich Tahin-Pekmez, eine Mischung aus Sesampaste und Trauben-Sirup, ist mein Geheimtipp am Morgen.
Ostanatolischer Powder Mit der Schneekatze Richtung Gipfel
Draußen strömt uns die kalte Winterluft entgegen. Mit der Schneekatze, ein Pistenfahrzeug mit Kettenantrieb, was uns in die unzugänglichen, verschneiten Gebiete bringt, bewältigen wir über eine serpentinenreichen Weg die ersten Höhenmeter den Berg hinauf. Die Berggipfel können wir so jedoch nicht erreichen. Hier ist unsere eigene Anstrengung gefragt, weshalb wir unsere Skifelle nutzen, um im Schnee Halt zu finden und die letzten Höhenmeter aus eigener Kraft zu bestreiten. Immer wieder wird uns die Höhe beim Aufstieg bewusst: wir kommen nur langsam voran, nehmen uns Zeit zum Verschnaufen. Diese Pausen nutze ich, um den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Um mich herum gibt es nur unberührte Hänge und eine unglaubliche Weite.
Da uns die Schneekatze mehrmals am Tag nach oben fährt, genießen wir verschiedenste Lines: Über weite Hänge, am Grat entlang, durch Bäume und Wälder hindurch. Doch am besten fühlen sich die Kurven an, die wir uns mit den Extra Höhenmetern selbst verdienen. Unten angekommen erwarten uns in den verschiedenen Dörfern unsere türkischen Guides, die uns am Tagesende in eine kleine Teestunde in Yaylalar bringen. Auf einem alten schwarzen Holzofen standen verbogene Teekessel bereit – Mit einer Tasse Schwarztee in der Hand und einem Lachen im Gesicht lassen wir hier unsere Skitage ausklingen.
Die perfekte Abfahrt Kurven wie ein weicher Traum
Die zunehmenden Schneefälle ermöglichen uns im Verlauf der Woche Zugänge zu weiteren Tälern. Während ich meine Ski tief in Gedanken Richtung Gipfel hinaufschiebe, vergesse ich alles um mich herum. Nur der Muezzin im Tal erinnert mich daran, dass ich Mitten im Nirgendwo im Nordosten der Türkei bin. Oben angekommen, sauge ich das Bild der schneebedeckten Gipfel um mich herum auf, atme die kalte Luft tief ein und aus. Ein Ausblick zum Abspeichern, der mir hoffentlich noch lange im Kopf bleiben wird. Doch das Beste steht noch bevor: die Abfahrt, bei der jede Kurve ein weicher Traum ist.
»Ich fliege gefühlt durch den weißen Pulverschnee, der nach jeder Kurve feinsten Schneestaub aufwirbelt. Unten angekommen hätte ich Freudentänze aufführen können, so viel Glück verspüre ich in diesen Momenten.«
Aufgrund extremer Temperaturschwankungen kombiniert mit starken Schneefällen war die Lawinensituation bei unserem Skitrip in der Türkei teilweise angespannt. Gut, dass wir unseren Guide von SnowXplore dabeihatten, der die Lage einschätzen konnte. Zusammen mit den türkischen Guides vor Ort, die das Gebiet kannten und uns nach Abfahrten in andere Dörfer mit dem Jeep wieder abgeholt haben, war das eine stimmige Kombination.
Nachtskitour Magischer Blick über Olgunlar
Nach einem langen Tag auf den Skiern kommt uns die Idee, noch eine nächtliche Skitour zu unternehmen. Trotz schmerzender Füße spüre ich sofort Abenteuerfreude in mir aufsteigen. Die untergegangene Sonne taucht die Berge in ein besonderes Licht und wir starten bei einsetzender Dämmerung unsere Tour. Während wir uns in Gedanken versunken den steilen Berg hinauf kämpfen, wird das Licht immer weniger und wir nutzen unsere Stirnlampen für die eintretende Dunkelheit. Schritt für Schritt geht es weiter nach oben. Je näher wir dem Ziel kommen, desto größer wurde die Vorfreude auf den Ausblick. Endlich stehe ich über dem schwach beleuchteten Bergdorf Olgunlar. Ich kann mein Glück kaum fassen. Was für ein Tag und was für unglaubliche Powderlines lagen hinter mir. Ich bin überglücklich, dankbar und ziemlich stolz auf mich.
»Ich schließe die Augen, atme tief durch und bin bereit: Türkischer Powder unterm Sternenhimmel – was für ein großes Glück.«
Zurück in Erzurum Vom einsamen Gebirge ins bunte Schneetreiben
Viele einsame Powderlines später tauchen wir zurück in Erzurum in die kulinarische Vielfalt der Türkei ein, genießen traditionelle Gerichte wie Lahmacun und Pide, schwarzen Tee und Baklava. In der Nähe der Stadt gibt es außerdem zwei Skigebiete. Motiviert für einen weiteren Tag in den Skischuhen wollen wir im Skigebiet Paklandäken unseren Skitrip Türkei gemeinsam abschließen. Von den Abfahrten können wir uns heute aufgrund schlechter Sicht nicht überzeugen, aber vom Trubel vor Ort: Egal ob groß oder klein, Anfänger:in oder Fortgeschrittene, die Einheimischen tummeln sich im Schnee und man sieht ihnen die Winterfreude regelrecht an. Ein Kontrastprogramm zu den vorangegangenen Tagen, an denen wir die einzigen Menschen weit und breit in den großen Bergen der Türkei waren.
Skitrip Türkei Unglaublich aufregend und erfüllend
Eine Woche voller unberührter Powderhänge, Leidenschaft und herzerwärmender Momente. Natürlich lief nicht alles wie geplant. Am Anfang kaum Schnee, dann vor lauter Schnee fast den Jeep versenkt. Man muss es nehmen, wie es kommt und das Beste daraus machen – und das mit einer ordentlichen Portion Humor.
»Wo Mut und Spontanität aufeinandertreffen, kann Unglaubliches entstehen. Und so war es. Unglaublich aufregend, berührend, kulinarisch, lustig, simpel und zeitgleich so erfüllend.«
Jetzt – mit meinen Erfahrungen nach dem Skitrip in der Türkei samt Schneekatzentouren – bin ich der Meinung, dass man sich selbst viel mehr Vertrauen schenken sollte, denn 90 % der eigenen Sorgen treten sowieso nicht ein. Wenn man mutig und spontan durchs Leben geht und sich von seiner Komfortzone verabschiedet, entstehen die besten Geschichten à la Weißt du noch, als wir damals etwas Verrücktes gemacht haben und spontan in die Türkei zum Skifahren geflogen sind?Was für eine geniale Idee das war! Und genau diese kleinen oder ganz großen Momente gilt es zu genießen.
»Female Explorer – geht raus, probiert aus, grübelt weniger, traut euch, seid mutig und sucht euch eure kleinen oder großen Outdoor Abenteuer! Denn Abenteuer sind es, die mich und bestimmt auch euch lebendig fühlen lassen.«
Für mehr Frauen im Skisport macht sich auch Silvia Moser stark. Wir haben mit Silvia über ihren Weg von Skifahren zum Freeriden gesprochen, warum sie heute keine Wettkämpfe mehr fährt, sondern unterrichtet und sich für mehr Weiblichkeit in der Skiszene einsetzt. Mehr dazu findet ihr im Artikel Freeriderin Silvia Moser im Interview.
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Marie brennt für Outdoorsport und möchte andere inspirieren, abenteuerlustig zu sein, Komfortzonen zu verlassen und dabei stets dem Weg des Herzens zu folgen.