
Jane Goodalls Erbe ruft die Menschheit zur Verantwortung
Dr. Jane Goodall, weltberühmte Verhaltensforscherin, UN-Botschafterin des Friedens und Gründerin des Jane Goodall Institute (JGI), ist am 1. Oktober im Alter von 91 Jahren verstorben. Mit ihrer Eloquenz, ihrem unerschütterlichen Optimismus und einem tiefen Respekt für alles Lebendige inspirierte sie Generationen von Menschen, anders auf die Natur zu blicken. Sie hat für immer verändert, wie wir über Schimpansen – und über uns selbst – denken.
Das Leben einer Bahnbrecherin
In den 1960er-Jahren erfüllte sich eine junge Frau ihren großen Traum: Mit 26 Jahren reiste Jane Goodall allein zum ersten Mal nach Afrika. Ohne akademischen Abschluss, aber mit unerschütterlicher Neugier und Entdeckergeist, fand die Autodidaktin eine Anstellung im Nairobi National Museum. Dort begegnete sie Louis Leakey, dem renommierten kenianisch-britischen Paläoanthropologen. Leakey stellte sie zunächst als Sekretärin ein – doch schnell erkannte er ihr außergewöhnliches Talent für Beobachtung. Beeindruckt von ihrem Gespür, beauftragte er sie mit einer Aufgabe, die ihr Leben verändern sollte: Die Erforschung wilder Schimpansen im
Gombe-Nationalpark, Tansania.
Was als bescheidene Feldarbeit begann, entwickelte sich zu einer wissenschaftlichen Revolution. Jane Goodall entdeckte, dass Schimpansen Werkzeuge benutzen, sogar selbst herstellen – eine Erkenntnis, die die bis dahin klare Grenze zwischen Mensch und Tier radikal infrage stellte. Ihre akribischen Beobachtungen hielt sie in zahlreichen Publikationen fest, die den Grundstein für ihre akademische Laufbahn legten: Goodall promovierte in Ethologie an der Universität Cambridge – als eine der wenigen Frauen in einem von Männern dominierten Forschungsfeld.
Mit ihrer Forschung setzte Jane Goodall neue Maßstäbe in der Primatologie. Anstatt die Tiere mit Nummern zu kennzeichnen, gab sie ihnen Namen und sah sie als Individuen mit einzigartigen Persönlichkeiten. Ihre detaillierten Beschreibungen offenbarten komplexe soziale Strukturen, vielfältige Kommunikationsformen und erstaunliche kognitive Fähigkeiten – Eigenschaften, die man bis dahin ausschließlich dem Menschen zugeschrieben hatte. Jane Goodall weigerte sich, das Lebendige zu hierarchisieren, für sie war jedes Wesen Teil eines großen, miteinander verbundenen Ganzen.

©U.S. Mission Uganda
Hoffnung durch Handeln
Jane Goodall war mehr als nur Forscherin: Sie wurde zu einer unermüdlichen Aktivistin. 1977 gründete sie das Jane Goodall Institute, das heute in über 25 Ländern aktiv ist. Das Institut setzt sich für den Schutz der Schimpansen ein und arbeitet dabei eng mit den lokalen Gemeinschaften zusammen. Stets auf Augenhöhe. Sein Ziel: das fragile Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wiederherzustellen.
Eines der wirkungsvollsten Programme des Instituts ist Roots & Shoots: Es wurde 1991 gegründet und hat seitdem über 150.000 Projekte in mehr als 130 Ländern initiiert, an denen über eine Million junge Menschen teilnehmen. Sie pflanzen Bäume, reinigen Strände, schützen Tiere und fördern soziale Gerechtigkeit – und zeigen, dass jede Handlung zählt. Jane glaubte fest daran, dass Hoffnung kein stilles Warten ist, sondern aktives Handeln.
Hoffnung bedeutet, sich die Ärmel hochzukrempeln und etwas tun.
Jane Goodall,
aus dem Buch „The Book of Hope: A Survival Guide for Trying Times“
Bis ins hohe Alter bereiste sie die Welt mit ihrem Stoff-Schimpansen an der Seite. Sie hielt Vorträge, warnte vor der Zerstörung der Wälder, vor den Folgen unseres Konsums. Sie sprach stets mit dieser unverwechselbaren Mischung aus Milde und Entschlossenheit.
Ihr könnt das Projekt Roots & Shoots vom Jane Goodall Institut Deutschland unterstützen und mit einer Spende helfen: Jetzt spenden.

©UN Climate Change
Ein Vermächtnis der Zuversicht
Im März dieses Jahres führte Jane Goodall unter strenger Vertraulichkeit ein ausführliches Interview. Sie tat dies in dem Bewusstsein, dass es erst nach ihrem Tod veröffentlicht werden würde. Dieses Gespräch bildet das Herzstück der neuen Netflix-Dokumentarreihe „Famous Last Words: Dr. Jane Goodall“. Ein letztes Mal spricht sie über ihr Leben, ihre Hoffnung und die Verantwortung des Menschen gegenüber der Natur spricht. Seit dem 3. Oktober 2025 ist das bewegende Porträt auf Netflix zu sehen.
We depend on Mother Nature for clean air, for water, for food, for clothing, for everything. And as we destroy one ecosystem after another, as we create worse climate change, worse loss of diversity, we have to do everything in our power to make the world a better place. (…) You have it in your power to make a difference.
Jane Goodall
Don’t give up. There is a future for you. Do your best while you’re still on this beautiful Planet Earth that I look down upon from where I am now. God bless you all.
Weitere spannende Interviews und Storys mit starken weiblichen Persönlichkeiten findet ihr in unserer Magazin-Kategorie „Wild Women“ – viel Spaß beim Durchstöbern und schmökern!
Jane Goodall lehrt uns mit ihrer letzten Botschaft, dass wir an dem Zustand der Welt nicht verzweifeln dürfen. Und wir es immer in der Hand haben, etwas zu verändern.