Outdoor-Guide Ausbildung Teil 2/5: Trekking Basics


Sarah MuehlText / Fotos

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Nach dem Einstieg in die Grundlagen im ersten Modul führte uns der zweite Teil der OLGA Outdoor- und Trekking-Guide Ausbildung bei der Waldläufer Wildnisschule im August für fünf Tage in den wunderbar wilden Steigerwald. Hier stand die Vertiefung unseres Wissens in Navigation, Routenplanung, Trekking Basics und der Umgang mit Extremsituationen im Vordergrund. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen, und ich freue mich darauf, die nächsten Schritte dieser Reise mit euch zu teilen.

Outdoor-Guide? Ganz genau! Diese und weitere wilde Ausbildungen könnt ihr bei Bettina und Jens in der Waldläufer Wildnisschule machen. Hier berichte ich über die 5 Module der OLGA 1. Diese Ausbildung eignet sich nicht nur für angehende Touren-Guides, sondern auch, wenn ihr sicherer in der Natur und Wildnis werden möchtet oder eine große Solo-Tour plant.

Es war wieder soweit: Die OLGA-Gruppe 2024 traf sich unter der Gruppenplane im Wald zum Thema Trekking Basics.

1Navigation und Orientierung like a Pro!

Im ersten Modul haben wir die Grundlagen der Navigation erlernt, im Steigerwald folgte eine intensive Vertiefung. Es ging darum, nicht nur den eigenen Standort zu bestimmen, sondern auch präzise Koordinaten zu nutzen, um sich selbst oder andere sicher durch schwieriges Gelände zu führen.

Arbeiten mit dem (DAV) Planzeiger

Der Planzeiger ist ein essenzielles Werkzeug zur genauen Bestimmung von Koordinaten auf topografischen Karten. Wir lernten, wie man ihn nutzt, um präzise Positionen zu ermitteln und unsere geplanten Routen besser abzusichern. Mit unterschiedlichen Maßstabsleisten können Entfernungen leicht ermittelt und durch unterschiedliche Raster Orte genau angeben werden. Außerdem könnt ihr mit GPS gemessene Koordinaten (zum Beispiel aus Handy-Apps) in eine Karte übertragen.

Ich hatte vorher noch nie davon gehört und war begeistert, welche Welten sich hier öffnen. Ihr könnt damit auch Richtungswinkel, die mit einem Kompass ermittelt wurden, in topografische Karten übertragen oder auch Hangneigungen ermitteln, was vor allem im Winter bei der Einschätzung der Lawinengefahr nützlich ist.

Koordinatensysteme kennenlernen und nutzen

Im Fokus stand das UTM-Koordinatensystem, das sich besonders für Wildnistouren eignet, da die meisten Karten damit arbeiten. Die Angabe, welches Koordinatensystem verwendet wird, findet ihr immer auf dem Kartendeckblatt. Mir hat es nicht nur Freude gemacht, dieses Skill zu erlernen, sondern ich fand es extrem erleuchtend, Koordinatensysteme endlich wirklich zu verstehen.

Wenn ich mir vorstelle, in der Natur unterwegs zu sein und meine digitalen Endgeräte fallen aus, es ist Nebel, Regen, Unwetter o.ä. – ich fühle mich jetzt um einiges sicherer, da ich Koordinaten lesen und zusammensetzen kann!

„Unabhängig von meinem Smartphone navigieren zu können, ist eines meiner Ziele in der Ausbildung zum Outdoor-Guide.“

Viele Trekking Basics Übungen zu Karte, Kompass und Koordinate vertiefen unser Wissen.

Wichtige Apps

Moderne Technik bleibt auch in der Wildnis nützlich und spart vor allem bei der Standort-Bestimmung Zeit. Wir lernten den Einsatz von Apps wie Komoot für Tourenplanung, Peak Visor zur Erkennung von Berggipfeln und für topografische Karten.

Dass sowohl Koordinaten zu verstehen und einen gezielten und sicheren Umgang mit Outdoor-Apps zu haben, extrem bis überlebenswichtig ist, habe ich bei meinem Unfall am Berg gelernt. Die gerufene Bergwacht fragte sofort nach Koordinaten und bestimmten Apps, die diese auslesen können. Zum Glück hatte ich nur ein gerissenes Band im Knöchel, aber bei schlimmeren Verletzungen, die zeit-sensibel sind, und höherem Stress, sind solche Fähigkeiten, vor allem für Outdoor-Guides, unersetzlich.

2Tourenplanung und Trekking Basics

Als Outdoor- und Trekking-Guides ist es unser Ziel, mit Gruppen draußen sicher unterwegs zu sein. Das bedeutet auch, eine viel genauere Planung und Vorbereitung durchzuführen, als man sie vielleicht für sich selbst und privat machen würde. Und dafür gerüstet zu sein, dass selbst die beste Pläne meistens mindestens einmal durchkreuzt werden.

Tourenplanung
in 3 schritten

  1. Inspiration und Idee
    Ob durch Apps, Karten, persönliche Erfahrung oder Erzählungen anderer – hier darf kreativ und weit gesponnen werden!
  2. Scouting
    Bei einer Test-Tour wird die Route abgelaufen, Schlafplätze ausgemacht, Abkürzungen, Rettungswege, Supermärkte usw. ausgekundschaftet, damit während der Tour Entscheidungen schnell getroffen werden können.
  3. Planung und Vorbereitung
    Hier kommt alles zusammen: Vom Schwierigkeitsgrad der Tour und benötigtes Equipment bis zu Schutzmöglichkeiten für Unwetter oder Genehmigungen, kulturellen Regeln, Jahreszeit, Klimazone, Höhenlage, Unterkunft, Dauer der Tour usw.

Gehzeitberechnung

Ein wichtiger Aspekt jeder Routenplanung ist die realistische Gehzeitberechnung. Hier ging es darum, wie man die Distanz und das Terrain einbezieht, um genaue Zeitrahmen zu bestimmen. Besonders spannend fand ich, dass die Durchschnittswerte für die Berechnung tatsächlich mit meinen über die letzte Jahre erlebten Werten übereinstimmt.

So unterscheidet man zwischen Werten für die Strecke (also wie lang brauche ich für einen geraden Weg). Zum Beispiel bin ich solo mit leichtem Gepäck etwa 4,5km/h schnell und in der Gruppe, auch mit leichtem Gepäck, nur 4 km/h. Dazu kommen die Werte für die Steigung, z.B. solo und mit leichtem Gepäck schaffe ich 350 hm/h (Höhenmeter pro Stunde) bergauf und 400 hm/h bergab. In der Gruppe bin ich jeweils 50 hm langsamer.

Diese Berechnung werde ich vor allem für Gruppentrips in Zukunft nutzen, denn nichts drückt die Stimmung mehr (und kann je nachdem, wo und wie man unterwegs ist, auch gefährlich werden), als ein zu langer Tourentag, wenn man als Planender ständig die Gruppe bei Laune halten muss und selbst ganz verwirrt ist, weil es länger dauert, schafft man es allein ja viel schneller.

3Shelter und Unterkünfte in der Natur

Das Aufschlagen eines sicheren und komfortablen Nachtlagers gehört zu den Grundfertigkeiten eines Outdoor-Guides. In diesem Modul haben wir verschiedene Arten von Sheltern und Unterkünften kennengelernt.

Tarps und Gruppenplanen

Ob Satteldach-Tarp, Lavvu und Tippi oder die offene Loue-Form – jede Tarp-Art hat ihre Vorteile, abhängig von Wetter und Gelände. Gibt es Vorteile gegenüber einer Tour mit dem Zelt? Ganz klar: Tarps sind leichter, bei entsprechendem Aufbau kann darunter Feuer gemacht werden, durch die freie Sicht in die Natur ist das Gefühl draußen und naturnah zu sein einfach stärker, sie sind in der Anschaffung günstiger und zum Teil auch rechtlich einfacher, da sie als Biwak gelten.

Allerdings solltet ihr vorher gut geübt haben und Grundformen und Varianten kennen und können. Vor allem Gruppenplanen finde ich besonders schön, da sie Regenschutz bieten und trotzdem ein Feuer für Wärme und zum Kochen darunter lodern kann. Was ich mir vorgenommen habe? Einmal zwei Tarps in Lavvu/Tippi mit Rauchabzug zu spannen, damit man im Dauerregen am Feuer draußen sein kann.

Unterkünfte aus Naturmaterialien

Nachdem wir wieder „durchs Gemüse“, als quer durch den Wald, gewandert waren, zeigte uns Jens zwei alte Laubhütten, an denen ich fast vorbeigelaufen wäre. Klar hatte ich so etwas schon öfter gesehen, aber zu verstehen wie viel Zeit (und Laub) benötigt wird, um wirklich warm und trocken so zu schlafen, war mir nicht bewusst. Im Ernstfall (oder wenn man einfach Lust dazu hat) kann man so jedoch ohne Schlafsack und Isomatte im Wald schlafen und das Shelter hält sich noch sehr lange und kann weiter verwendet werden.

Natürlich gibt es noch so viele weitere Unterkünfte aus Naturmaterialien – sei es Holz, Laub, Reisig oder eine Schneehöhle. Spannend finde ich es auch immer wieder Heringe aus Holz herzustellen oder Schnüre für Planen aus Fichtenwurzeln.

In diesen Laubhütten kann man auch ohne Schlafsack und Isomatte übernachten.

Fallbeispiel: Not-Biwak am Hang

Und da es im Trekking Basics Modul auch viel um Extremsituationen ging, passte auch dieses Fallbeispiel. Ein Not-Biwak soll an einem steilen Hang errichtet werden. Hier lernten wir, was wir tun können, sollte ein:e Teilnehmer:in auf einer Tour einen Hang hinabstürzen und die Hilfe würde erst viel später oder am nächsten Tag eintreffen. Ein sicherer Schlafplatz am Steilhang musste her.

Mit Holzheringen und etwas „Buddel-Arbeit“ war das gar nicht so schwer und Pauli mit Hündin Maya gefiel ihr Platz so gut, dass sie die nächsten zwei Nächte dort schliefen.

Robert im Not-Biwak, welches auch gern als Schlafplatz genutzt wurde.

4Kleine Outdoor-Knotenkunde

Es passiert mir immer wieder, dass ich mit zwei Schnürenden da stehe und immer den gleichen einfachen Knoten über meine Hand schlage. Klar, irgendwie klappt das schon. Dabei gibt es so viele Knoten, die nicht nur einfach, sondern mit ihrer speziellen Funktion extrem hilfreich sind. Zum Beispiel, wenn man ein Tarp oder Zelt spannen möchte, ein Seil an einem (Holz-) Hering befestigen mag oder zwei Enden so verbinden möchte, dass sie auch leicht wieder auseinander gehen.

In der Ausbildung haben wir drei Basic-Knoten gelernt: den Reef Knot (Kreuzknoten), den Topsegelschotstek und den Mastwurf (Webeleinenstek). Wie die gehen, zeige ich euch in einem späteren Artikel.

5Extremsituationen auf Tour

Die Natur bringt unvorhersehbare Herausforderungen mit sich, egal wie gut ihr plant. Und schon beim letzten Mal hatten wir gelernt: Wetter ist Wildnis. Aber nicht nur das Wetter kann unterwegs die Pläne kreuzen, daher ist die Vorbereitung in Hinblick auf Gefahren so wichtig. Dazu gehören u.a. Wetterkarten und Apps, Unwetterwarnungen, Genehmigungen und Waldbrandstufen zu checken, die Wetterlage vor Ort aufmerksam zu beobachten, einen Plan B zu haben und natürlich auf Rettungswege und Notrufmöglichkeiten zu achten. Außerdem darf da auch die klare Kommunikation mit den Teilnehmenden nicht fehlen.

3 gefahren auf einen blick
(und wie ihr sie löst)

  1. Gewitter
    Weg von Gewässern und hohen Punkten. Wenn Schutz unter einem Baum gesucht wird, versuchen alte und trockene Bäume zu meiden. Es kann auch eine Gruppenplane gespannt oder gehalten werden.

    Wenn nicht anders möglich, in die Hocke gehen, Beine nah beieinander, Arme um die Knie oder den Kopf legen und mit etwas Abstand zueinander das Unwetter ausharren.
  2. Wildtierbegegnungen
    Hier ist es wichtig, sich vor der Tour zu informieren, welche Tiere (Nutz und Wild!) in der Region leben und wie man am besten mit ihnen umgeht.
    Im Zweifel ist es jedoch immer gut, auf den Wegen zu bleiben, da Wildtiere meist wissen, dass sich dort Menschen aufhalten und diese Orte eher meiden.
  3. Zecken
    Die wohl größte Gefahr in unseren Wäldern ist vergleichsweise klein. Trotzdem kann sie unentdeckt großen Schaden anrichten. Daher gilt: hohes Gras im Wald meiden, den Körper regelmäßig absuchen, die Hosenbeine in die Socken stecken und bei einem Biss die Zecke möglichst schnell entfernen, die Stelle zu beobachten und ggf. eine:n Arzt/Ärtzin nach der Tour aufzusuchen.

Nachtwache halten

Auch, wenn wir es in der Ausbildung als Übung und Selbsterfahrung gemacht haben: Es gibt viele Gründe, warum eine Nachtwache auch auf Touren notwendig sein kann. Zum Beispiel um das Feuer zu hüten – im Winter oder bei Regen –, um eine:n Verletzte:n zu versorgen und zu beobachten, als Gewitter-Wache oder wegen einer Bedrohung durch Tiere oder den Menschen.

Ich merke immer wieder, dass ich die Nachtwache als ganz besonderen Moment, aber eben auch Herausforderung und sogar Angstauslöser empfinde. So fällt es mir extrem schwer, mich nur ein paar Schritte vom Feuer und der Gruppenplane zu entfernen – obwohl ich den Wald um uns in diesem Moment ja kenne! Trotzdem genieße ich die Stille, die Geräusche aus dem Wald, und freue mich riesig, wenn ich eine Entdeckung mache, wie zum Beispiel, als ich einen Fuchs gerochen habe oder Baby-Waldkäuze aus dem Wald hörte. Nervenkitzel und tiefste Müdigkeit, Herzklopfen und tiefste Entspannung liegen für mich da ganz nah beieinander.

Besonderes Erlebnis: Kochen am Lagerfeuer

Schon beim letzten Modul haben Bettina und Jens jeden Abend für uns am Feuer gekocht. Dieses Mal wurden Kochgruppen gebildet, denn auch wir Guides-in-Training sollen und wollen lernen, für Gruppen am Feuer zu kochen. Pauli und ich haben für 12 Personen ein Weißweinrisotto mit Pilzen zubereitet – dazu gab es als Nachtisch S’mores. Das Rezept zum Nachmachen gibt’s hier: Lagerfeuer Pilzrisotto.


Das schönste „Klassenzimmer“ ist direkt am Lagerfeuer.

Trekking Basics – Fazit zu Modul 2

Das zweite Modul der Outdoor-Guide Ausbildung war voller spannender und lehrreicher Momente. Besonders die praktische Anwendung der neuen Kenntnisse in Navigation, Routenplanung und Extremsituationen hat uns noch besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet. Für mich persönlich waren es wieder wunderbar wilde Tage im Wald mit einer bunten Truppe naturverliebter Menschen. Unser Gruppengefühl wächst von Modul zu Modul und wird immer intimer, aber auch freier. Und noch ein Highlight waren die jungen Waldkäuze, die wie jodelnde Affen nachts durch die Wälder kreischten, weil sie ihren Ruf noch üben mussten.

Das nächste Modul, eine mehrtägige Trekkingtour, steht bereits an – und ich freue mich darauf, die Gruppe wiederzutreffen und alles Gelernte in der Praxis anzuwenden! Wie auch beim letzten Mal geht ein großer Dank an die gesamte Gruppe und besonders an Bettina und Jens – für ihr Wissen, die Organisation und den Raum zu lernen und zu entdecken!

Über die Autor:in

Sarah Muehl

Die Wildnis hat Sarah aka Woodstock 2022 auf dem PCT lieben gelernt. Seitdem versucht sie mit allen Mitteln ihre ausgeprägte Wanderlust zu stillen. Bei The Female Explorer ist sie als Creative Director für wilde Ideen und ihre Umsetzung verantwortlich und scheut sich dabei auch nicht vor Bühnen, Kameras und Mikrofonen.

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