Kurztrip mit Dachzelt – Soloabenteuer für die Seele im Herbst
Es gibt Momente, in denen der Alltag plötzlich erdrückend wirkt – das Hamsterrad aus Arbeit, Terminen und Verantwortung scheint allumfassend, und das Gefühl der Erschöpfung lässt sich nicht länger ignorieren. So ging es auch Nina, bis sie entschied: Sie braucht dringend eine Pause, ein bisschen draußen Sein, um den Sommer zu verlängern und die Batterien wieder aufzuladen. Sie packt ihre Sachen und macht sich auf zu einem Soloabenteuer an den Gardasee. Ihr Plan: Ein Kurztrip mit Dachzelt und ein paar Tage nur für sich. Im Artikel erzählt euch Nina von ihrem herbstlichen Solo-Trip.
Wenn irgendetwas fehlt
Der letzte Termin mit meiner Klientin schwingt noch lange in mir nach. Wie sie fühle ich mich abgeschlagen, antriebslos. Die letzten Monate waren anstrengend und voller Schwere und ich merke, wie leer meine Batterien sind. Ich hatte meiner Klientin die Übung mitgegeben, einen Monat lang all die Dinge zu sammeln, die ihr tiefe Freude bereiten und diese dann aktiv zu unternehmen. Und da merke ich: Auch mir würde diese Übung gut tun. Ich überlege: vielleicht eine Runde SUP am See? Eine Wanderung? Am selben Abend verkündet mein Mann, das Dachzelt abzubauen. In dem Moment kommt mir eine Idee – Nein, noch nicht!, rufe ich.
Vom Mut trotzdem »Ja« zu sagen
Ein paar Tage später sitze ich im Auto Richtung Italien. Nur ich und Eros Ramazotti und Piu bella cosa. Ich drehe das Radio auf und singe laut mit. Das Lied handelt von einer Frau, aber für mich fühlt es sich so an, als würde Eros genau über diese Momente des Lebens singen: Die Momente der puren Freude, in denen wir genau das tun, was unser Herz erfreut. Doch diese Momente Wirklichkeit werden zu lassen, ist manchmal erstaunlich schwierig. Selbst wenn wir wissen, was uns gut tut.
Oft fühlt es sich so an, als würde es einfach gerade nicht gehen. Ich habe allerdings gelernt, dieses Es geht einfach nicht zu hinterfragen. Denn meistens sind all die guten Gründe nur oberflächliche Argumente für etwas viel tieferliegendes: Angst – vor den Risiken, Konsequenzen, vor Verurteilung oder dem Ärger anderer. Und auch mein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Familie (etwas, das ich immer wieder bei Frauen, vor allem Müttern, beobachte) ist eine Form von Angst.
Freude und ich sitzen vorn
Mit meinem Mann habe ich alles besprochen und einen Teil meiner Arbeit nehme ich mit. Und dennoch: eine Stunde nach meiner Abfahrt holen mich noch einmal Bedenken ein: Drei Tage Kurztrip mit Dachzelt? Allein die Fahrtzeit und das Auf- und Abbauen würden fast ein Drittel der Zeit in Anspruch nehmen. Vielleicht hätte doch eine Runde SUP gereicht?
Solotrip-Feeling!
Von Caroline Paul, einer Weltklasse Abenteurerin und einer der ersten Feuerwehrfrauen San Franciscos, habe ich gelernt, dass Angst und Zweifel nur zwei Emotionen bei jeglicher Form von Abenteuern sind. Daneben gibt es noch Mut, Freude und Neugierde. Und diese gilt es voranzustellen. Und so sitze ich im Auto, spüre mein schlechtes Gewissen und die Zweifel und lasse sie einfach da sein. Sie dürfen bei unserem kleinen Kurztrip mit dabei sein, aber ich und Freude sitzen vorn. Alle anderen müssen hinten sitzen, dürfen nicht ans Steuer und auch nicht die Musik aussuchen. Und so drehe ich auf dem Brenner die Musik noch etwas lauter.
Kurztrip mit Dachzelt – Ankommen und durchatmen
Hinter der italienischen Grenze fahren die Autos mit italienischem Kennzeichen während ihren Überholmanövern gerne mal zwischen den Spuren, was ich schon immer sehr sympathisch fand. Kurz später stehe ich an der Bar eines Autogrill und trinke meinen ersten Espresso – stark und aromatisch, genauso wie ich ihn gerne mag.
»Ich spüre, wie ein Kribbeln aus meinem Bauch nach oben steigt.
Ich kenne dieses Gefühl so gut! Ich liebe es. Es ist das Gefühl von Abenteuer und unbändiger Freude. Ich fühle mich lebendig und frei. Und erst jetzt merke ich, wie lange ich mich schon nicht mehr so gefühlt habe. Es ist der Moment, in dem ich weiß:
Egal was noch passiert, das hier war genau die richtige Entscheidung!«
Allein, aber nicht einsam
Auf dem Campingplatz baue ich schnell mein kleines Setup auf. Meine Platznachbarn, ein älteres Paar schaut kritisch, wie ich das Dachzelt aufschlage. Wir kommen ins Gespräch: Bin ich wirklich allein hier? Wer passt auf mein Kind auf? (Spoiler Alert: der Vater) Solche Fragen bin ich gewohnt – sie gehören für mich schon beim Campen mit Dachzelt dazu – solo als Frau ganz besonders. Am nächsten Morgen arbeite ich im Café am Strand. Bei Cappuccino erledigt sich die Arbeit fast von allein. Später nehme ich das SUP mit auf den See. Er hat angenehme 17 Grad und ich fühle mich so lebendig wie schon lange nicht mehr.
La dolce vita
Am Abend laufe ich die 10 Minuten vom Campingplatz in die Altstadt von Torbole. Es ist Dienstag, off season, kaum mehr Touristen, nur das warme Straßenlicht und die bunten Fassaden und ein paar Fetzen Italienisch, die an mein Ohr dringen. Ich esse direkt am See und arbeite am Entwurf meines Textes. Ich beobachte, wie die Berghänge im Dämmerlicht verschwinden und die Lichter des Hafens auf dem Wasser tanzen. Die Abendluft ist noch angenehm warm. Es riecht nach Urlaub. “Signorina”, sagt der Kellner, als er mir meinen Cafe Decaffeinato bringt, “wollen Sie sich nicht doch lieber reinsetzen?” Ich höre die Wellen gegen die großen Steine des Kais platschen. “Nein”, sage ich, “es ist genau richtig hier.“
Über die Angst hinaus
Die Reaktionen auf meine spontane Gardasee-Tour bei Freund:innen und Kolleg:innen sind Verwirrung, Unglaube, Irritation. Alleine? Einfach so? Und die Arbeit? Die Familie? Immer wieder höre ich: „Schön, dass du das machen kannst. Bei mir würde das gerade einfach nicht gehen.“ Genau dieses Gefühl, dass es einfach nicht geht, hätte auch mich fast abgehalten. Doch wir können lernen, solche Impulse zuzulassen. Wenn wir rechtzeitig merken, dass wir eine Dosis Lebendigkeit und Freude brauchen, dann sollten wir genau das tun, was uns auflädt und inspiriert.
»Nicht für jede:n ist es das Dachzelt, SUP oder Italien. Oder sind es Solo Trips. Aber zu wissen, was uns von ganzem Herzen gut tut, was unsere Batterien füllt und das nicht hinten anzustellen, ist eines der wichtigsten Dinge, die wir im Leben lernen können.«
Mit Leichtigkeit Richtung Heimat
Als ich zwei Tage später nach Hause komme, fühle ich mich, als wäre ich eine Ewigkeit unterwegs gewesen. Es braucht nicht immer die großen Abenteuer, die langen Auszeiten. Wir müssen nicht unseren Job kündigen oder unsere Familie verlassen. Es sind oft diese kleinen Auszeiten, die ungeahnte Lebensfreude bringen, ein Kurztrip mit Dachzelt zum Beispiel. Am nächsten Morgen bereite ich mir meinen mitgebrachten Espresso in meiner Camping-Cafetere zu. Er lässt die Freiheit noch mal aufleben. Und auf der Autobahn fahre ich, nur so zum Spaß, auch einfach mal zwischen den Spuren. Es ist das Lebensgefühl einer solchen Reise, das man noch lange in sich trägt.
Kurztrip mit
Dachzelt im Herbst
Packlisten
Es bedarf nicht immer einer großen Vorbereitung und langen Planungsphase. Die Sachen für mein Soloabenteuer sind schnell gepackt und alles, was ich in dem Moment brauche.
Dachzelt-Nächte
- Drei-Jahreszeiten Schlafsack
- Kopfkissen
- Extra Decke
- Wärmflasche
- Thermoskanne für Tee und Wärmflasche
- Mütze
- dicke Socken
- Thermo-Unterwäsche
Camping-Equipment
- Kleiner Campingtisch und -stuhl
- Hängematte
- Lichterkette
- Campingleuchte
- Kerzen
- Gaskocher
- Kleiner Topf
- Teller, Schale, Besteck
- French Press für Kaffee und Tee
Nina ist Ökonomin, Autorin und Coach und setzt ihr Wissen sowie ihre Fähigkeiten ein, um Menschen auf ihrem Weg zu innerer Stärke und Resilienz zu unterstützen. Sie hilft, Krisen selbstbewusst zu meistern und dadurch mehr Wohlbefinden und Lebensfreude in ihrem Leben zu schaffen. Wenn ihr mehr über ihre Arbeit erfahren möchtet, besucht ihre Website oder folgt ihr auf Instagram. Um euch auch im Alltag etwas Gutes zu tun, zeigt euch Pauli in ihrem Artikel More than breathing, Atemtechniken, die wieder Leben einhauchen können oder Entspannung bringen.
Was ist euer Geheimtipp, wenn ihr einen Ausbruch aus dem Alltag braucht? Teilt es uns in den Kommentaren mit!
Das klingt so schön, danke für die den inspirierenden Beitrag!
Ich schreibe es mir in Großbuchstaben auf meine ToDo Liste fürs Frühjahr.
Danke Pauline! Wir wünschen dir viel Spaß und wilde Abenteuer!
Oh wie schön, liebe Pauline. Das freut mich sehr zu hören. Ich wünsche dir ganz viel Spaß bei deinem Abenteuer! Liebe Grüße!