Bikepacking Kanaren – Solo-Abenteuer auf der Gran Guanche


Jasmin FranceschiniText / Fotos

Es gibt Entscheidungen, die man trifft, obwohl man sich nicht ganz sicher ist, ob es eine geniale Idee oder der Beginn einer richtig harten Zeit wird. So ging es mir, als ich mich entschied, die Gran Guanche Route auf den Kanarischen Inseln allein zu fahren – Bikepacking Kanaren der Extraklasse. Elf Tage, fünf Inseln, 700 km und 16.000 hm – ein Trip, der nicht nur meine körperliche Ausdauer, sondern auch meine mentale Stärke auf eine harte Probe stellen sollte.

Die Gran Guanche – Über Grenzen hinauswachsen 

Im vergangenen Dezember habe ich mich zu meinem ersten Solo-Bikepacking-Abenteuer aufgemacht. Mit meinem Gravelbike, einem Schlafsack und ein paar Snacks im Gepäck folgte ich den Tracks der Gran Guanche. Die Route erstreckt sich über 5 Kanarische Inseln, umfasst ca. 700 km, 5 Fährüberfahrten und über 16.000 hm auf Gravel- und Straßenabschnitten.

Gran Guanche

Dauer 11 Tage Strecke ca. 700 km Höhenmeter ca. 16.000 hm Schwierigkeitslevel schwer

Der Beginn einer Reise

ins Ungewisse

Lanzarote

Mein Abenteuer nahm seinen Anfang in Orzola, einem verschlafenen Küstendorf im Norden von Lanzarote, wo die Welt sich anfühlte, als wäre sie zum Stillstand gekommen. Während ich mein Lager direkt am Strand aufbaute und das leise Rauschen der Wellen im Hintergrund hörte, spürte ich eine tiefe Ruhe in mir aufsteigen – eine seltene Verbindung zwischen mir und der rauen Schönheit der Insel. Als die Dunkelheit hereinbrach und die ersten Sterne am Himmel erschienen, mischten sich Vorfreude mit einer guten Dosis Nervosität. War ich bereit für das, was vor mir lag? Was, wenn mein Körper versagte oder ich mich verloren fühlte? Doch genau diese Fragen machten den Reiz aus, und ich spürte, wie die Angst langsam der Entschlossenheit wich. „Wenn ich das hier schaffe, dann kann ich alles schaffen“, sagte ich mir, bevor ich mich am nächsten Morgen auf den Weg machte.

Lanzarote fühlte sich an wie ein fremder Planet. Die Landschaft war vulkanisch, von Lavaflüssen und Kratern geprägt und die Farben waren so intensiv, dass ich mir wie auf dem Mars vorkam. Die karge Schönheit Lanzarotes fesselte mich und der Tag verging wie im Flug – 139 km und 1.800 hm. Was als Zwei-Tages-Tour geplant war, verwandelte sich in einen endlosen Flow. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht erreichte ich noch die letzte Fähre in Playa Blanca nach Fuerteventura, der nächsten Etappe meines Abenteuers.

LanzaroteOrzola ›

Playa Blanca

Dauer ca. 12 h Strecke 139 km bergauf 1.800  m bergab 1.800 m

Zwischen Dünen und Küstenlinien

Fuerteventura

Nach einer hektischen Fährüberfahrt landete ich spätabends in den Dünen von Fuerteventura. Umgeben von nichts als Sand und Sternenhimmel fand ich einen Schlafplatz mitten im Nirgendwo. Als die Sonne am nächsten Morgen über den Dünen aufging und das goldene Licht die Landschaft erleuchtete, verflog die Müdigkeit des ersten Tages sofort.

Den größten Teil des Tages war ich allein auf den stillen Straßen von Fuerteventura unterwegs. Die rauen Gesteinsformationen und die weite, fast leblos wirkende Umgebung boten eine atemberaubende Kulisse. Für Dezember war es ungewöhnlich heiß, fast wie im Sommer. Die steilen Anstiege machten die Fahrt zusätzlich anstrengend. In der Mittagshitze fand ich schließlich Zuflucht unter dem wohl einzigen Baum auf der Insel.

Am Abend traf ich auf Nara und Cara, zwei Bikepackerinnen, die mich spontan in ihre Unterkunft einluden. Wir lachten viel und sie zeigten mir nicht nur, wie man Komoot richtig nutzt, sondern gaben mir auch unschlagbare Tipps zu Ausrüstung und Packliste. Ihre Gastfreundschaft war ein echter Lichtblick auf meiner ersten Solo-Bikepacking Kanaren Reise und machte Fuerteventura zu einem besonderen Ort.

FuerteventuraCorralejo ›

Morro Jable

Dauer ca. 14 h 30 min Strecke 161 km bergauf 1.900  m bergab 1.900 m

Eine Achterbahn der Gefühle

Gran Canaria

Gran Canaria brachte mich emotional an meine Grenzen. Der Tag wurde zu einem meteorologischen Durcheinander: strömender Regen, Hagel, starker Seitenwind und strahlender Sonnenschein. Es fühlte sich an, als hätte ich alle Jahreszeiten an einem einzigen Tag durchlebt. Die knapp 3.000 hm forderten alles von mir und brachten mich mehr als einmal an den Rand der Erschöpfung. Doch gerade in diesen Momenten, als ich das Gefühl hatte nicht mehr weiterzukommen, lernte ich wirklich auf meinen Körper zu hören und ihm zu vertrauen. Es war, als hätte ich eine neue Verbindung zu mir selbst gefunden – eine, die nicht auf Äußerlichkeiten, sondern auf innerer Stärke basierte. Trotz der Schmerzen, der Erschöpfung und der Zweifel schaffte ich es weiterzufahren. Und mit jedem Tritt in die Pedale wuchs mein Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten.

Gran Guancge Kanaren

Gran CanariaLas Palmas ›

Agaete

Dauer ca. 13 h 40 min Strecke 132 km bergauf 3.800  m bergab 3.800  m

Am Fuße des Teide

Teneriffa

Auf Teneriffa erwartete mich ein ganz besonderes Highlight: der Teide, Spaniens höchster Berg und aktiver Vulkan. Von der Insel hatte ich schon so viel gehört und meine Vorfreude war riesig. Die Anstiege waren lang und herausfordernd, aber die Schönheit der Landschaft machte jede Anstrengung vergessen. Die Nacht verbrachte ich am Fuße des Vulkans, umhüllt von einer Magie und Stille, die nur die Natur erzeugen kann.

Die Energie dieses Ortes erfüllte mich mit Ehrfurcht. Ich spürte, wie winzig wir Menschen im Vergleich zur überwältigenden Kraft der Natur sind und dennoch fühlte ich mich lebendiger denn je. Die Kombination aus den anstrengenden Anstiegen, der atemberaubenden Natur und der Präsenz des Teide machte diesen Moment zu einem außergewöhnlichen Moment, der sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt hat.

TeneriffaSanta Cruz ›

Los Cristianos

Dauer ca. 17 h 30 min Strecke 169 km bergauf 4.380  m bergab 4.380  m

Am Ende der Welt

El Hierro

El Hierro, die kleinste und ruhigste der Kanarischen Inseln, wird oft als „Das Ende der Welt“ bezeichnet und genau so fühlte es sich auch an. Die unberührte Natur und die dramatischen Küstenlandschaften ließen mich das Abenteuer mit einem Gefühl tiefer Dankbarkeit abschließen.

In meinem Biwakplatz oberhalb des Meeres lauschte ich den Wellen und ließ die letzten Tage Revue passieren. Ich war dankbar – für meinen Körper, der mich durch diese Reise getragen hatte, und für die Erkenntnisse, die ich über mich selbst gewonnen hatte.

El HierroSanta Cruz de la Palma›

Hoya Grande

Dauer ca. 12 h 40 min Strecke 117 km bergauf 3.860  m bergab 3.860  m
PACKLISTE GRAN GUANCHEPACKLISTE GRAN GUANCHE

Gran Guanche – Solo -Bikepacking auf den Kanaren

Diese Reise war mehr als eine körperliche Herausforderung. Sie war eine Gelegenheit, mich selbst neu zu entdecken und über mich hinauszuwachsen. Mit nur den nötigsten Dingen auf meinem Rad fand ich das Glück in der Einfachheit und die Erfüllung in der Natur. Und ich erkannte, dass das größte Abenteuer nicht auf der Strecke liegt, sondern in uns selbst.

Jasmin liebt Abenteuer und neue Herausforderungen auf dem Gravelbike und zeigt euch auch auf ihren Instagram-Kanal Jazz_Gravelbliss weitere Einblicke von der Gran Guanche Gravel-Tour. Mehr inspirierende Artikel rund um Bikepacking Abenteuer findet ihr im Female Explorer Online-Magazin.

Welche Bikepacking Tour hat euch an mentale und körperliche Grenzen gebracht? Erzählt uns davon in den Kommentaren!

Über die Autor:in

Jasmin Franceschini

In den Bergen Südtirols aufgewachsen, entdeckte Jasmin schon früh ihre Leidenschaft für den Outdoor-Sport. Seit sie sich vor einem Jahr in ihr erstes Gravelbike verliebte, geht sie mit ihrem treuen Bike auf wildeste Abenteuer. Ihre Mission ist es, andere dazu zu inspirieren, sich selbst in aufregende Erlebnisse zu stürzen und die Welt auf zwei Rädern zu entdecken.

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