Bergführerin werden – Guide für Abenteuerinnen
Auf dem Gipfel eines Viertausenders: eine Bergführerin umgeben von erfüllten Bergsteiger:innen. Als erfahrene Expertin hat sie die Gruppe sicher durch Klettersteige und über Gletscher geleitet. Am Gipfelkreuz sieht sie in die strahlenden und dankbaren Gesichter ihrer Gäste. In diesem Moment weiß sie: Für dieses erfüllende Gefühl hat sie diesen Beruf gewählt. Ihr wollt auch Bergführerin werden? In diesem Guide zeigen wir euch, wie ihr diesen aufregenden Weg einschlagen könnt, was für Voraussetzungen es braucht und wo ihr euch ausbilden lassen könnt.
Bergführerinnen sind immer noch selten
Träumt ihr auch davon, eure Leidenschaft für die Berge zum Beruf zu machen? Als ausgebildete Bergführerin könnt ihr nicht nur eigene Abenteuer erleben, sondern auch andere Menschen sicher durch die faszinierende Welt der Berge leiten. Dabei ist der Beruf noch immer sehr männlich dominiert, in Deutschland sind nur etwa 4% der staatlich geprüften Bergführer:innen Frauen. Gudrun Weikert war die erste Frau, die 1988 die Ausbildung in Deutschland erfolgreich absolvierte und sie ist heute an der Technischen Universität München (TUM) verantwortlich für die Umsetzung der Ausbildung und Prüfungen. Sie möchte Frauen ermutigen, diesen erfüllenden Beruf zu ergreifen und sich nicht von Vorurteilen abbringen zu lassen.
»Mittlerweile hat es sich in allen Berufswelten herausgestellt, dass Frauen mitspielen können – mind. auf Augenhöhe. Und es ist akzeptiert und als Vorteil anerkannt worden, dass Frauen teilweise anders arbeiten und somit dazu beitragen, an ein Problem anders heranzugehen. Die Bergführerin ist in der „Community Bergführer“ und auch bei den Gästen komplett angekommen. Zumindest bei denen, die sich mit dem Bergsport ernsthaft auseinandersetzen und nicht nur in einem im Jahr ein bisschen Klettern, Weitwandern und Skitouren auf den Pisten machen und im nächsten Jahr zum Tiefseetauchen gehen.«
Gudrun Weikert,
Deutschlands erste staatlich geprüften Bergführerin
Was macht eine Bergführerin?
Als Bergführerin seid ihr die Expertin für alle Arten von Bergtouren – die Allrounderinnen für alle Herausforderungen, die die Berge abseits von Standard-Wanderwegen zu bieten haben! Ihr führt interessierte Gäste sicher durch die Gebirge dieser Welt, aber vor allem durch anspruchsvolles alpines Gelände und oft als Seilschaft. Abseits von markierten Wegen geht es vom Wandern ans Bergsteigen und auf Hochtouren. Dazu gehören u.a. das Gehen in weglosem und verblocktem Gelände, das Queren von Schneefeldern, Wandern mit Steigeisen, Klettersteige, Klettern, Fels- und Eisklettern und Gletschertouren.
Dabei könnt ihr für eure Kund:innen ganz unterschiedliche Touren anbieten wie zum Beispiel: Hochtouren auf die Klassiker der Alpen, Klettertouren, Expeditionen ins Hochgebirge wie zu den Achttausendern, Eisklettern an Wasserfällen, Skitouren in entlegene Teile der Berge und Trekking-Abenteuer aller Art.
How to: Zertifizierte Bergführerin werden
Um staatlich geprüfte Bergführerin zu werden, müsst ihr eine circa dreijährige Ausbildung abschließen. Diese findet unter der Aufsicht der Technischen Universität München (TUM) statt und wird vom Verband der deutschen Berg- und Skiführer (VDBS) umgesetzt. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung wird vom Bayrischen Staatsministerium für Unterricht und Kultur festgelegt. Nach circa 70 Ausbildungstagen, die zum Teil mit Prüfungen abschließen, wird die Kandidat:in zum Aspiranten und kann seine Praktikumszeit aufnehmen. Die Ausbildung vermittelt die nötigen Kompetenzen für die verantwortungsvolle Aufgabe als Bergführerin mit Schwerpunkten auf Führungstechnik im alpinen Gelände, Didaktik und theoretischem Hintergrundwissen.
Voraussetzung für die Zulassung zur Ausbildung ist neben einem Mindestalter ein überdurchschnittliches Allround-Können in Fels, Eis, Mix-Gelände und auf Ski. Eine mehrjährige Erfahrung als Bergsteigerin muss durch einen Tourenbericht nachgewiesen werden und diese Fähigkeiten werden vorab in drei Eignungstests geprüft.
Bergführerin werden: weitere Voraussetzungen
Körperliche Fitness
Ihr solltet topfit sein und eine robuste Physis mitbringen.
Technische Fähigkeiten
Ihr müsst ein hohes Niveau im Klettern, Skifahren und Eisklettern vorweisen können.
Einfühlungsvermögen
Der Umgang mit Gästen erfordert viel Empathie und soziale Kompetenz.
Stressresistenz
Um handlungsunfähige Gäste zu versorgen oder auch bei einer Bergrettung zu unterstützen.
Leidenschaft
Ohne echte Begeisterung für die Berge geht gar nichts!
»Es ist wichtig, sich das Berufsbild genau ansehen und sich wirklich zu hinterfragen, ob ich mit Menschen am Berg unterwegs sein oder ob ich mir bloß den sogenannten „Sheriffstern“ anlegen möchte, der mich als jemanden ausweist, der eine hochkarätige Ausbildung absolviert hat. Klettern, Eisklettern, Skifahren ist im Grunde das Lebensmotto für eine lange Zeit und wird dann auch so bleiben. Denn entweder man liebt es und kann sich auch das ein oder andere Mal ganz schön knechten oder man lässt es.«
Gudrun Weikert
Schritt
für Schritt
Bergführerin werden
1
Sammelt Erfahrung
Als angehende Bergführerin müsst ihr bereits genug Erfahrung mitbringen. Jahrelange eigene Praxis im Gebirge ist unerlässlich, ebenso wie die stetige Verbesserung eurer Fähigkeiten in den verschiedenen alpinen Disziplinen. Dazu gehören nicht nur Wandern, sondern vor allem Felsklettern, Eisklettern, Skitouren und Hochtouren. Der Anspruchsgrad und die Vielseitigkeit sind dabei wichtiger als reine Quantität. Jede Tour bietet die Chance, neue Techniken zu erlernen und euer Verständnis für die Bergwelt zu vertiefen.
Am besten führt ihr ein detailliertes Tourenbuch mit allen technischen Details, Ausrüstung, persönlichen Erfahrungen und Lernerfolgen. Mit der Dokumentation verfolgt ihr nicht nur selbst eure Entwicklung, sondern sie dient auch als Nachweis für die spätere Bewerbung zur Bergführerin-Ausbildung. Sucht auch den Austausch mit erfahrenen Alpinist:innen und nehmt selbst an geführten Touren teil. Ergänzt eure Erfahrungen durch spezielle Kurse in Bereichen wie Lawinenkunde, Erste Hilfe im Gebirge oder Orientierung.
Der Weg zur Bergführerin ist eher ein Marathon und kein Spaziergang. Lasst euch Zeit und baut eure Fähigkeiten schrittweise auf. Je breiter und tiefer euer alpines Wissen, desto besser seid ihr auf die Herausforderungen der Ausbildung vorbereitet.
2
Erfüllt die Mindestanforderungen
Um zum Eignungstest zugelassen zu werden müsst ihr mindestens 18 Jahre alt sein und folgende Fähigkeiten nachweisen:
- 3 Jahre nachgewiesene Erfahrung im Sportklettern + alpin, Eis, Hochtouren, Skihochtouren
- Felsklettern: Mindestens Grad 6a
- Eisklettern: Mindestens WI V
- Überdurchschnittliches Skifahren im freien Gelände
- Nachweis eines Erste-Hilfe-Kurses
- ärztliches Zeugnis
- amtliches Führungszeugnis
3
Besteht die Eignungstests
Der Weg zur geprüften Bergführerin beginnt mit einer anspruchsvollen Aufnahmeprüfung. Bevor die eigentliche Ausbildung startet, müssen Anwärterinnen in drei unterschiedlichen Bereichen ihr Können unter Beweis stellen: am Fels, im Eis und auf Ski. Diese Eignungsprüfungen sind der Schlüssel zur Zulassung für die weiteren Ausbildungslehrgänge. Sie stellen sicher, dass nur diejenigen mit ausreichender alpiner Erfahrung und technischem Können den nächsten Schritt gehen können.
Die Eignungstest sind hart, aber machbar. Sie beinhalten u. a. einen Konditionslauf (1.400 hm in 1:40 h mit 8 kg Rucksack), Klettertests in schweren Bergschuhen und mit Steigeisen sowie Prüfung eurer alpinistischen Fähigkeiten.
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Absolviert die Ausbildung
Die Ausbildung zur staatlich geprüften Berg- und Skiführerin ist ein intensiver und umfassender Prozess. Sie besteht aus einer Reihe von Lehrgängen, die sowohl fest strukturierte als auch flexible Elemente beinhalten, die aufeinander aufbauen aber auch eine gewisse zeitliche Flexibilität zulassen. Das ermöglicht es den Teilnehmerinnen, die Ausbildung an ihre individuellen Bedürfnisse und Zeitpläne anzupassen. Die Ausbildung dauert im kürzesten Fall etwa zweieinhalb bis drei Jahre, kann aber je nach persönlicher Situation flexibel gestaltet werden, um die anspruchsvolle Ausbildung mit anderen Verpflichtungen zu vereinbaren.
Die praktische Ausbildung findet in verschiedenen alpinen Regionen wie den Berchtesgadener Alpen, Allgäuer Alpen, Dolomiten oder Walliser Alpen statt. Diese Standorte bieten ideale Bedingungen für eine umfassende Ausbildung als Berg- und Skiführerin. Theoretische Einheiten finden oft in München statt. Detaillierte Informationen und Anmeldungsformulare findet ihr auf www.vdbs.de.
Führungstechniken
- In Fels, Eis und bei Skihochturen
- Seilschaftsführung im alpinen Gelände
- Sicherungstechniken und Standplatzbau
- Tourenplanung und Routenwahl
Praktische Fähigkeiten
- Fortgeschrittene Kletter- und Skitechniken
- Biwaktechniken und Überlebensstrategien im Gebirge
- Gletscherkunde und Spaltenbergung
- Risikomanagement und Entscheidungsfindung in kritischen Situationen
Theoretische Fächer
- Lawinenkunde
- Wetterkunde
- Erste Hilfe und alpine Rettung
- Orientierung und Navigation
- Ausrüstungskunde
- Sicherungstheorie
- Psychologie und Gruppenführung
- Alpingeschichte und Kultur
- Naturschutz und Umweltkunde
- Recht und Versicherung im Bergsport
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Besteht die Prüfungen
Die Prüfungen zum Abschluss der Bergführerinnenausbildung sind umfassend und anspruchsvoll. Sie umfassen folgende Bereiche:
Praktische Führungstouren: 2 Führungstouren im Fels | 2 Führungstouren im Eis/Hochtour (typischerweise in den Dolomiten und den Westalpen) sowie 1 Skihochtourenführung
Risikomanagement: Prüfung von Fertigkeiten wie Rettungstechniken in einer Felswand
Lehrproben: Demonstration der Fähigkeit, Wissen und Techniken zu vermitteln
Theoretische Prüfungen: in 11 verschiedenen Fächern, die alle relevanten Aspekte des Bergführerinnenberufs abdecken
Alternative Berufe am Berg
Bergwanderführerin werden
Wenn euch das hochalpine Gelände zu anspruchsvoll erscheint, aber ihr dennoch eure Leidenschaft für die Berge mit anderen teilen möchtet, gibt es eine großartige Alternative: Ihr könnt Bergwanderführerin werden! Diese Ausbildung ist weniger intensiv als die zur Bergführerin, aber dennoch sehr wertvoll. Als Bergwanderführerinnen führt ihr Gäste auf Wandertouren unterhalb der Gletscherregion und in weniger extremem Gelände.
Die Ausbildung, die ebenfalls vom VDBS angeboten wird, dauert etwa ein Jahr und umfasst Themen wie Wetterkunde, Orientierung, Erste Hilfe und natürlich Führungstechniken im Bergwandergelände. Diese Option bietet euch die Möglichkeit, Menschen sicher durch die Bergwelt zu führen und eure Begeisterung für die Natur weiterzugeben, ohne euch in hochalpines Terrain zu begeben.
Weiterbildungsmöglichkeiten vom DAV
Auch der Deutsche Alpenverein bietet verschiedene Kurse, Workshops und Lehrgänge an, die euch am Berg fortbilden. Von der Wanderleiterin bis hin zu Trainerin fürs Bergsteigen, Hochtouren oder Alpinklettern findet ihr eine große Auswahl an verschiedenen Weiterbildungsmöglichkeiten. Praktisch: Die Kurse bauen aufeinander auf und ihr könnt euch step-by-step weiterbilden. Damit werdet ihr nicht nur fit für selbständige Touren, sondern auch zum Führen von Gruppen und Seilschaften anderer DAV-Mitglieder:innen.
Bergführerin werden: Euer Abenteuer wartet!
Der Weg zur staatlich geprüften Bergführerin ist herausfordernd, aber unglaublich erfüllend. Ihr werdet nicht nur hochqualifizierte Expertinnen für alle Bergabenteuer, sondern könnt eure Leidenschaft jeden Tag leben und mit anderen teilen. Also liebe Female Explorer schnürt eure Wanderstiefel und macht euch auf den Weg! Die Berge rufen, und vielleicht seid ihr bald diejenigen, die andere sicher auf die höchsten Gipfel dieser Welt führen.
Ihr wollt mehr über die Arbeit einer Bergführerin erfahren? Dann schaut euch unser Porträt und Interview mit Gudrun Weikert – die erste deutsche Bergführerin an.
Habt ihr auch schon einmal darüber nachgedacht, Bergführerin zu werden oder wäre euch das zu krass? Teilt eure Antworten gerne in den Kommentaren!