her wild break – Die wilde Auszeit auf dem Pacific Crest Trail


Sarah MuehlText / Fotos

Die Wohnung gekündigt, der Flug gebucht, das Visa in der Tasche, der Rucksack gepackt – so beginnen sie, die richtig großen Abenteuer. So auch meins. Seit Jahren trage ich es in mir herum, mehr Wunsch als Plan, und habe doch schon oft versucht es mir selbst wieder auszureden. Ich will den Pacific Crest Trail wandern. 

Der Fernwanderweg Pacific Crest Trail, kurz PCT, verläuft im Westen der USA von Mexiko nach Kanada. 4265 Kilometer. 130.000 Höhenmeter. Das entspricht einer fünfzehnfachen Everest-Besteigung. Nur 20 Prozent der Thru-Hiker erreichen nach 6 Monaten das Ziel. Verletzungen, Selbstüberschätzung oder Heimweh, machen vielen einen Strich durch die Rechnung. Der PCT ist ein Trip der Naturgewalten: enorme Hitze, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Lange Strecken in der Wüste ohne jeden Tropfen Wasser. Schneefelder und Flussdurchquerungen. Lebensbedrohliche Waldbrände. Klapperschlangen, Skorpione und Giftpflanzen. Bekannt ist der Wanderweg auch seit der Verfilmung von „Wild“, dem autobiographischen Buch der Amerikanerin Sheryl Strayed, die sich 1995 solo auf den Weg begab, um eine Lebenskrise zu überwinden.

Blick auf die Sierra Nevada nahe Bishop, USA. Foto: Kyle Glenn

Her WILD break

Seit ich reisen konnte, verschlug es mich immer wieder in den Westen der USA. Irgendwas hat mich schon seit meiner Kindheit an diesem Land der Extreme fasziniert. Die Begeisterung für den PCT wuchs in mir seit ich etwa 2014 das Buch „Wild“ von Sheryl Strayed gelesen hatte. Die gewaltige Wildnis und Weite zogen mich magisch an. In meinem oft sehr vollen und turbulenten Alltag wurde die Vorstellung von diesem simpleren Leben auf dem Trail mein happy Place. Ich wusste, irgendwann möchte ich genau dieses Stückchen Erde für eine Weile mein Zuhause nennen. Also beichtete ich kurz nach Erscheinen unserer ersten Magazin-Ausgabe meinem Team, dass ich auf einen längeren Trip gehen möchte. Es wurde Zeit für mein großes Abenteuer. Denn über mehrere Monate zu verreisen, das war bisher einfach noch nicht drin gewesen.

Aber jetzt hatte ich sie bitter nötig: die Auszeit in der amerikanischen Wildnis!

TRAMILY IS FOREVER

Über 60% der Wanderer starten solo. Dass man schnell eine Tramily (Trail Family) findet mit der man vor allem die schwierigen Passagen bewältigt, gehört genauso dazu wie Trail Angel (Freiwillige Helfer, die Wanderer aufnehmen, mit Essen und Wasser versorgen oder mit Autofahrten aushelfen) und Trail Magic (selbstorganisierte Versorgungsstationen von Freiwilligen entlang des Weges). Schnell legt man auch seinen weltlichen Namen ab und nimmt den Trail Name an, den man von seiner Tramily erhalten hat. Nach ein paar Wochen auf dem Wanderweg sieht man dann sowieso wie eine ganz neue Version seiner Selbst aus und gehört damit auch zum Hiker Trash, den typisch sandig-schmutzigen Fernwanderern, denen man ansieht, dass sie planen mehrere Monate unterwegs zu sein. 

ADVENTURE PLANNING: Pacific Crest Trail

Besonders der PCT ist meiner Meinung nach ein perfektes Solo-Abenteuer. Es gibt einen Start und einen Endpunkt und auch nur einen bestimmten Zeitraum im Jahr, in dem man loslaufen kann, bevor das eine oder andere Ende wieder zugeschneit ist. Es ist nur mit einem Permit, einer offiziellen und personalisierten Erlaubnis, möglich bestimmte Teile des Weges zu laufen und daneben im Zelt zu übernachten. Organisiert und bewacht wird das ganze von der PCTA, der Pacific Crest Trail Association. Die strenge Vergabe der Permits ist notwendig, um die Anzahl an Wanderern zu regulieren und die Natur vor Übertourismus zu schützen. Außerdem können durch die Angabe von Daten verletzte oder verloren gegangene Wanderer schneller von der Rettung gefunden werden.

Kann man in so ein Abenteuer einfach starten? NEIN. Ich habe in den letzten Monaten das Internet durchforstet, mich mit Ultralightweight Equipment auseinandergesetzt, lange Videocalls mit Danny „Oreo“ Drees, Autorin unserer Erstausgabe und PCT-Thru-Hikerin 2019, gehalten und wild diskutiert über Routen, Bären und Permits. Denn Fehler in der Planung können im Zweifel zu Ärger mit den Autoritäten führen, zum Abbruch der Wanderung, zu unschönen Verletzungen, ungewollten Verzögerungen oder im Zweifel sogar lebensbedrohlich werden. 


Der Trip auf einen Blick

Länge: ca. 1800km auf dem Pacific Crest Trail
Start: im Juni zwischen Tehachapi und Mojave
(ca. Höhe Las Vegas)
Ende: im August an der Grenze zu Oregon
Richtung: NOBO (northbound, Richtung Norden)
Permit: PCTA.org

Angst vor:

  1. die erste Nacht allein campen zu müssen
  2. Wildtiere (und deren Geräusche)
  3. Schneefelder und Flüsse überqueren

Vorfreude auf: living the simple life outdoors!

Am Rande des Crater Lake, Oregon, im Mai 2019 – auch hier führt der PCT entlang.

LASH: LONG-ASS-SECTION-HIKE

Auch ich werde auf dem PCT solo starten und hoffe sehr schnell eine Tramily zu finden. Da meine Auszeit erst etwas später beginnt, als es die Daten für einen Start an der Grenze zu Mexiko erlauben würden, werde ich Mitte Juni auf einer Dirt Road zwischen Tehachapi und Mojave stehen und in die Wildnis blicken. Genau an der Stelle, wo dies schon Sheryl Strayed 1995 getan hatte (und Reese Whiterspoon dann in der Verfilmung). Ich werde die 215km durch die Ausläufer der kalifornischen Wüste bis nach Kennedy Meadows laufen, wo mich der Trail dann direkt in die Gebirgskette der Sierra Nevada führen wird, mit der Möglichkeit den höchsten Gipfel der USA zu besteigen: den Mount Whitney (4421m).

Ich plane insgesamt über 2,5 Monate durch die längste zusammenhängende Wildnis der USA zu laufen und mich dann an der Grenze zu Oregon vom Trail zu verabschieden. Zum einen habe ich Teile Oregons schon auf einem Roadtrip entdeckt und zum anderen möchte ich die folgenden Monate nutzen, um gemeinsam mit meinem Partner noch weitere Häkchen an unsere Bucket-List zu setzen. So gesehen bin ich dann keine „echte“ PCT Thru-Hikerin, sondern mache einen LASH: long-ass-section-hike! Denn mit den geplanten fast 1800km, ist es trotzdem ein irres Wanderabenteuer für mich! 

So beginnt der PCT – in der Wüste! Foto: Brian Wangenheim

Folgt mir auf den Pacfic Crest Trail

In 2 Monaten werde ich den ersten Schritt auf diesem schmalen Pfad in Richtung Kanada setzen. Und das schöne daran? Euch nehme ich natürlich mit! Vor der Reise habe ich aber noch einiges mit euch zu besprechen! Also haltet die Augen auf nach dem Hashtag #herwildbreak und kommt einfach ein Stück mit auf meine wilde Auszeit.

An dieser Stelle noch liebe Grüße an die Mutti – es wird schon alles gut gehen!

Über die Autor:in

Sarah Muehl

Die Wildnis hat Sarah aka Woodstock 2022 auf dem PCT lieben gelernt. Seitdem versucht sie mit allen Mitteln ihre ausgeprägte Wanderlust zu stillen. Bei The Female Explorer ist sie als Creative Director für wilde Ideen und ihre Umsetzung verantwortlich und scheut sich dabei auch nicht vor Bühnen, Kameras und Mikrofonen.

Kommentare


  1. Ich freue mich riesig deinem Abenteuer zu folgen! Es wird noch viel besser als du es dir vorstellst und wird dein Leben verändern! Du schaffst das!

    Oreo_on_the_road
Wilder
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